laut.de-Kritik

Die Lunte brennt. Heissa, wird das BUMM machen!

Review von

"Here's a toast to the folks that let action speak." Die Zeile aus "Long Island Iced Tea, Neat" umreißt recht genau, was "Sorry To Bother You" ausmacht. The Coup, insbesondere in der Gestalt ihres Strippenziehers, dem messerscharfem Beobachter und Polit-Aktivisten Boots Riley, liefern Occupy Wall Street die Marschmusik.

Ach, was! "Sorry To Bother You" passt zu jeder Bewegung, bei der Menschen zusammenkommen, um für ihre Rechte einzustehen. "When we slap back it's the magic clap." Diejenigen, die sich - noch! - an der Spitze der Nahrungskette die Bäuche vollschlagen, sollten sich warm anziehen. Wenn sich das Volk erst vor den Toren der Paläste zusammen rottet, ist "The Guillotine" oft nicht weit.

Dabei kündigt Riley sein Gefolge ganz höflich an: "Good evening, tonight we bring to you worn out streets that'll sing to you." Seine Worte legen Feuer. "Tell homeland security: We are the bomb." Die Lunte brennt längst, nur eine Frage der Zeit, bis die Detonation erfolgt. Die wird zweifellos mächtig ausfallen.

"A rebellion is both, love and lust", stellt Boots Riley klar. "A riot is when lightning hits the right spot." Seine witzigen, stets geschliffenen, manchmal zum Heulen poetischen Zeilen, die stellenweise - etwa in "Violet" - wie ein kammermusikalisch untermalter Gedichtvortrag anmuten, steht die kompromisslose Punk-Attitüde seiner Botschaften entgegen.

Ganz hervorragend passt hierzu wieder die karge Kratzigkeit des Soundbilds. Der Rap wirkt oft blechern, wie über eine klapprige Telefonleitung transportiert. Knochentrockene Drums, E- oder Akustikgitarre, ein Bass, ein Moog-Synthesizer - meist reicht das schon.

Hier und da sorgen zudem Cheerleader-artige Chöre, fast schon rockige Gesangs-Einlagen oder funky Bläser für das gewisse Etwas. "We're all VIP." Wenn Kool AD, Killer Mike und ein grandios gelangweilter Himanshu solches behaupten, wer würde da Einspruch erheben wollen?

Den letzten, vollends anarchischen Kick verpasst dann ein albernes Kazoo ("Your Parents' Cocaine") oder - in "We've Got A Lot To Teach You, Cassius Green" - ein Ritt durch Raum und Zeit: von tropfenden Bässen und entspanntem Elektrosound über exotische Sitar-Klänge in den Country-Heuschober, in dem Akkordeon und Waschbrett regieren. Heissa!

"Ich wollte, dass das Album rau klingt", so sein Urheber. "Ich denke, Musik ist heutzutage oft so perfekt und vorhersehbar, dass sie sich selbst das Wasser abgräbt. Vielleicht hören die Leute genauer hin, wenn ein bisschen Spannung drinsteckt." Das Zuhören lohnt sich allemal. Wer möchte, darf dabei getrost tanzen. Stillstand bedeutete schließlich Rückschritt.

Sollte diesem Album, wie sich dem Artwork entnehmen lässt, tatsächlich ein gleichnamiger Film folgen ("Dark comedy with magical realism inspired by Boots Riley's time as a telemarketer"): Rechnet besser mit allem. "The monster is awake and I hope you fed it." Fressenszeit. Jetzt.

Trackliste

  1. 1. The Magic Clap
  2. 2. Strange Arithmetic
  3. 3. Your Parents' Cocaine
  4. 4. The Gods Of Science
  5. 5. My Murder, My Love
  6. 6. You Are Not A Riot (An RSVP From David Siqueiros To Andy Warhol)
  7. 7. Land Of 7 Billion Dances
  8. 8. Violet
  9. 9. This Year
  10. 10. We've Got A Lot To Teach You, Cassius Green
  11. 11. Long Island Iced Tea, Neat
  12. 12. The Guillotine
  13. 13. WAVIP

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