laut.de-Kritik
Irrwitzige Reggae-Versionen von Dylan, Madonna, White Stripes u.a.
Review von Dani FrommEine Crew, die es wagt, Songs von Pharoah Sanders, Wilson Pickett, Herbie Hancock, Bob Dylan, den Stones, Led Zeppelin, Roberta Flack, Gwen McCrae, Curtis Mayfield, Madonna und den White Stripes zu covern, zu allem Überfluss die gefühlt tausendste Fassung von "Fever" obenauf zu legen und das Ganze auf ein Album zu packen, muss entweder größenwahnsinnig oder komplett verrückt sein. Offensichtlich bietet Frankreich einen hervorragenden Nährboden für derlei Irrwitz.
Reggae bedient sich seit jeher gerne und hemmungslos in anderen Genres, schnappt sich Hits und tüncht diese in den jamaikanischen Nationalfarben. The Dynamics machen sich diese Tradition zu eigen und agieren dabei vollkommen scheuklappenbefreit. Funk, Disco und Pop, Schmuseballade, Dancefloor-Filler und Rockklassiker landen sämtlich im Fleischwolf der Lyoner Truppe. Die zum Teil ordentlich dubbigen Reggae-Nummern, die hieraus resultieren, wirken erstaunlicherweise nicht wie der x-te Aufguss ebenso ehrwürdigen wie durchgenudelten Materials, sondern tragen völlig verdient das Qualitätssiegel "Deeply Rooted In Soul".
Gleich der Opener "The Dynamic Sound" verheißt, was da kommen mag: Bläser, ein paar Orgeltöne und Dub-Effekte verbinden sich zu einem waberndem Klangteppich, der trotz prägnanter Basslinie schwer zu greifen scheint. Den Trumpf, ganz hervorragende Sänger im Bunde zu haben, ziehen The Dynamics allerdings erst ab dem zweiten Track aus dem Ärmel. Die Stimmen in unterschiedlichen Tonlagen harmonieren vortrefflich miteinander und mit dem warmen Groove, der sie umhüllt.
Ein wenig Effekthascherei schwingt natürlich stets mit, setzt man auf den bewährten Oha-Effekt, wenn Altvertrautes in neuem Gewand vorgeführt wird. So lange dabei aber ein Killer von einer Hammondorgel ("Land Of 1000 Dances"), packender Bass ("Miss You"), hypnotischer Rhythmus ("90 Percent Of Me Is You") oder Ska-Elemente ("The Creator Has A Masterplan") aufgefahren werden, gibt es nichts, das man verzeihen müsste.
Die Metamorphose "aus alt mach neu" gelingt in den schnellen, druckvollen Stücken eine Spur besser. Möglicherweise erscheint "Lay Lady Lay" aber auch nur deswegen ein wenig kreuzlahm, weil es unmittelbar hinter der höllisch rockenden Soul-Nummer "Land Of 1000 Dances" doch etwas ungeschickt platziert wurde.
Der Blick auf die Tracklist zwingt wieder und wieder zu Zweifeln. Herbie Hancocks und Grandmixer D.STs "Rockit" - kann man das überhaupt anpacken? Wie verabreicht man wohl "7 Nation Army" den Groove? Und wie zum Henker soll es möglich sein, noch eine Version von "Move On Up" zu erschaffen, die einem nicht instantan zu den Ohren heraus quillt und zudem noch fürchterlich gegen das Original abstinkt?
The Dynamics wischen derlei Bedenken mühelos vom Tisch. Das Erfolgsrezept basiert nicht darauf, etwas nachzuspielen, sondern erklärt sich aus dem wilden Entschluss, einfach alles ganz anders anzupacken. So erwächst aus dem synthetischen "Rockit" ein überaus organisch wirkender Tune. Das an sich treibende "Move On Up" wird komplett umakzentuiert, gedimmt und bringt die "Excursions" zu einem entspannten Abschluss.
Wieder einmal lernen wir: Hemmungen sind für Zwerge. Man muss sich einfach nur trauen. Letztlich dreht sich doch nur alles um den Spaß an der Sache. Die, das predigt uns die Queen of Pop, ist eine Gute, denn: "Music brings us all together as one." So soll es sein.
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