laut.de-Kritik

Was Fans heutzutage so als vollwertiges Album verkauft wird.

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Okay, das kam unerwartet: Zwar liegt das letzte Release der L.A.-Tech-Wunderkinder The Faceless schon fünf Jahre zurück – doch angesichts der andauernden Struktur-, Organisations- und insbesondere Personal-Problematik im Hause Michael Keene kann da doch nicht allzu viel passiert sein?

Nun ja, zumindest zeigen sich The Faceless nach gefühlt zwanzig abgesagten Tourneen und dem Verschleiß einer ansehnlichen Anzahl an Sängern, Bassisten und Drummern rundum neu aufgestellt. Die aktuelle Besetzung ist und bleibt freilich lückenhaft, Drummer Chason Westmoreland ist schon ein halbes Jahr vor Release des neuen Albums ausgestiegen. Klassiker. Wenigstens hat er es vorher geschafft, 42 Minuten hoch-komplexes, energiegeladenes Material einzutrommeln. Trotzdem kommt "In Becoming A Ghost" auf den ersten Blick als ziemliche Mogelpackung daher.

Wie nennt man das noch gleich, wenn man zwei Singles, drei Intros und Interludien, einen bereits veröffentlichten Song, eine Depeche Mode-Coverversion und drei neue Tracks zusammenschnürt? Ach ja, früher hieß das mal EP. Als wirklich durchkonzipiertes Gesamtwerk ist "In Becoming A Ghost" kaum zu betrachten – wenngleich Keenes De-Facto-Soloprojekt mit Abigail Williams-Sänger Ken Sorceron mittlerweile einen starken Shouter mit Wiedererkennungswert an Bord an.

Doch auch der Bandkopf selbst lässt seine Clean-Vocals wieder zur Genüge einfließen. "Digging The Grave" und "I Am" verbinden dabei zunächst moderne Djent-Einflüsse mit den Opeth-lastigen Prog-Death-Momenten des Vorgängers "Autotheism". Ansonsten gibt's vor allem klassische Frickelkost der Marke Necrophagist und Obscura meets totgetriggertes Drumset.

"Cup Of Mephistopheles" legt dann die allgegenwärtig durchschimmernden Black-Metal-Einflüsse endgültig offen und ermöglicht zumindest Sänger Sorceron den Tanz auf vertrautem Territorium. Mit kurzem Lo-Fi-Moment wirkt das im Gesamten aber eher etwas augenzwinkernd. Dass ein Virtuose wie Keene ein paar mindestens grundsolide genretypische Tremolo-Pickings aus dem Ärmel schüttelt, erklärt sich von selbst.

Wirklich überragend gerät dann aber lediglich "The Spiraling Void", das alle außergewöhnlichen Facetten der Platte vereint: Schön organisch knarzende Cynic-Bässe, nicht bloß der Selbstgefälligkeit dienendes Tonleiter-Shredding und sogar eine vocoderisierte Reminiszenz ans Sci-Fi-inspirierte Zweitwerk "Planetary Duality". Tech Death aus dem Bilderbuch.

Kurzweiliges Hörvergnügen, aber bei weitem nicht das inspirierteste The Faceless-Material der vergangenen Dekade. Folglich wartet man lieber noch ein paar Jährchen auf ein richtiges Album, das dem Ausnahmestatus der Gesichtslosen auch als Gesamtwerk wieder gerecht wird.

Trackliste

  1. 1. In Becoming A Ghost
  2. 2. Digging The Grave
  3. 3. Black Star
  4. 4. Cup Of Mephistopheles
  5. 5. The Spiraling Void
  6. 6. Shake The Disease
  7. 7. I Am
  8. 8. Ghost Reprise
  9. 9. (Instru)mental Illness
  10. 10. The Terminal Breath

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