laut.de-Kritik

Wann behandelt man Forster/McLennan endlich wie Lennon/McCartney?

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Die Bahn kommt. Meistens zu spät. Derartige Erfahrungen dürften auch der Go-Betweens-Hälfte Robert Forster nicht fremd sein, wohnte er doch nach dem Bandsplit 1990 jahrelang in Regensburg, bis es ihn kürzlich wieder in die Heimat Australien, und damit hin zu Partner Grant McLennan zog. Anstatt nun aber Spott und Häme über den deutschen Schienenverkehr auszuschütten, schreibt der Geschichtenerzähler Forster aus der Distanz lieber einen schönen Song über eine Zugfahrt, wenn auch über eine besondere, seine letzte nämlich von Regensburg nach Frankfurt.

Dass "Here Comes A City", und man muss das einfach mal so sagen, zu den besten Go-Betweens-Songs überhaupt gehört, liegt nicht nur am Akzent, mit dem Forster die Stadt Etterzhausen ausspricht, auch nicht an seiner gewohnt klugen Beobachtungsgabe ("Why do people who read Dostoevsky always look like Dostoevsky?"), sondern eben auch am atemlosen Drive des Songs, den man erst in der Rückschau auf die vergangenen zwei Alben vermissen darf. Wobei man nach Genuss des neuen Albums an gar nichts mehr denkt, außer an repeat, repeat, repeat.

Waren die Songs auf "Bright Yellow Bright Orange" und allen voran der mal wieder nicht gechartete Hit "Too Much Of One Thing" beängstigend nah an der Definition reinen Gitarren-Schönklangs, glänzen die kompositorischen Antipoden Forster/McLennan heuer abwechselnd mit jugendlich-kratzigem Elan, haaraufstellender Melancholie und einer ungewohnt dicken Produktion.

Ohne Übertreibung: Ihren an Pop-Highlights wahrlich nicht armen Back Catalogue bestücken die Australier auf "Oceans Apart" mit mindestens acht neuen Klassikern. "No Reason To Cry" dürfte aufgrund zarter Keyboard-Einschübe den Tränenausfluss nur noch verstärken, "Boundary Rider" erklärt, wie man ihn wieder stoppt, und "Finding You", tja, ein solch atemberaubender Song macht Bands wie Travis eigentlich überflüssig.

Mark Wallis, der schon den Smiths und U2 mit guten Ratschlägen zur Seite stand, hat den um Adele Pickvance (Bass, Gesang) und Glenn Thompson (Drums, Gitarre, Keys) angewachsenen Go-Betweens-Vierer in klare Soundgewässer gelenkt, und den noch elaborierteren Songwritingkünsten den letzten Schliff verpasst. Man hört Forster und McLennan förmlich an, wie viel Spaß ihnen die Aufnahmen in London gemacht haben müssen, etwa wenn sie sich im Opener mit "Hey, hey"-Rufen selbst anstacheln oder in "Lavender" die Zeile "Everybody said that ..." nach einer kurzen Pause mit den Worten "she's good in bed" beenden. Man müsste über jeden einzelnen Song einen eigenen Abschnitt verfassen, wenn es einem nicht ständig so ergehen würde wie bei den Klängen von "Statues", die einem außer dem Atem auch die Sprache nehmen.

Wäre die Welt eine gerechte, wären alle öffentlichen Radiosender so mutig wie FM4, oder hätte das Schicksal endlich ein Einsehen mit dem ewig unterschätzen Traumduo Forster/McLennan und würde es behandeln wie Lennon/McCartney oder wenigstens wie Morrissey/Marr, dann käme auch die Historie der Go Betweens im 27. Bandjahr zu einem Happy End. "Oceans Apart" ist zweifellos nicht nur das wichtigste der drei Go-Betweens-Alben seit dem Comeback im Jahr 2000, es ist eines der perfektesten überhaupt. Trommelwirbel.

Trackliste

  1. 1. Here Comes A City
  2. 2. Finding You
  3. 3. Born To A Family
  4. 4. No Reason To Cry
  5. 5. Boundary Rider
  6. 6. Darlinghurst Nights
  7. 7. Lavender
  8. 8. The Statue
  9. 9. This Night's For You
  10. 10. The Mountains Near Dellray

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