laut.de-Kritik

Der Beweis, dass Stagnation nichts Schlechtes sein muss.

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Es ist doch immer wieder beeindruckend und erfreulich, wenn Musik den Eindruck erweckt, als wäre sie vollkommen losgelöst von allem, was in der modernen Musikwelt so passiert. Wie will man einem Fachfremden erklären, dass "Xoxo" im selben Jahr erschienen ist, wie – sagen wir – der abscheuliche Song "Gooba" von 6ix9ine? The Jayhawks treten bereits seit Mitte der 80er den Beweis an, dass musikalische Stagnation nichts Schlechtes sein muss. Da ist es eigentlich egal, wer sich gerade für die Songs verantwortlich zeichnet, die Musik gerät eigentlich immer zu einer entspannten Mischung aus Folk und Country, zwischen Neil Young und The Grateful Dead. Das klingt dann nie retro, sondern einfach so, als würde da eine Band beharrlich das Feld beackern, auf dem sie seit jeher mittelmäßige Erfolge einfährt.

Dass The Jayhawks nach 35 Jahren immer noch als Geheimtipps gehandelt werden, als eine der einflussreichsten Bands der Americana-Szene, der der große Durchbruch nie gelang, erklärt sich aus eben diesem Umstand: Die Musik war nie gewagt oder herausragend, aber immer grundsolide. "Xoxo" haut nun auch niemanden vom Hocker, lädt eher zu einer ausgedehnten Fläz-Session im Wohnzimmer-Sessel ein. Am Songwriting beteiligte sich diesmal die ganze Band, was zumindest den Eindruck von Veränderung weckt, den Sound aber nicht maßgeblich verändert. Stellenweise verhebt sich die Truppe um Gründungsmitglied Gary Louris zwar auch mal, etwa an den gesäuselten Strophen von "Illuminate", entschuldigt das aber schon im energievollen Refrain wieder, der an The Raconteurs in ihren besten Momenten erinnert. "Across My Field" gerät dagegen ein bisschen lang, besonders, weil in dem Stück doch recht wenig passiert.

Das Album beginnt mit dem launigen "This Forgotten Town", das im klassischen Country-Jargon die Geschichte eines Glückssuchenden erzählt: "Rode out of this forgotten town / Had to watch my old horse drown / Buried by the river / Chocolate colored by the mud". Das Stück lässt vor allem im Refrain an The Band denken und präsentiert Louris Stimme von ihrer besten Seite. Direkt zu Beginn wird hier die enge Verzahnung von Piano und Gitarren eingeführt, die das robuste Grundgerüst vieler Stücke bildet. Auch der folgende Song "Dogtown Days" macht Spaß, ist deutlich rockiger und beeindruckt mit der Schilderung aufrichtiger Reue: "I must confess I didn't love you / Quite as much as I ignored you / And tore you town".

In "Living In A Bubble" lässt die Band dann durchblicken, dass sie tatsächlich auch in der heutigen Zeit lebt, wenn es heißt: "Checked into the congress hotel / Flipped on the TV, then I went through my mail / MSNBC and CNN / Now the news cycle's started / Don't think I can take it again". Der Song liefert gleichzeitig den eingängigsten und schönsten Refrain des Albums, der so auch von Wilco stammen könnte. Auf "Ruby" übernimmt Keyboarderin Karen Grotberg den Gesang, die in vielen Songs schöne Harmonien beisteuert. Die Klavierballade steigert sich in einen Klimax und tröpfelt am Ende ruhig aus. Mit "Little Victories" gibt’s lässigen Blues-Rock im Stil von J.J. Cale, der seinen Job bis zum Refrain bestens erfüllt, dann aber leider den bis dahin beschrittenen, entspannten Groove-Pfad verlässt. So läuft das Album dahin, ohne groß zu stören, aber auch ohne Überraschungen und endet mit dem ergreifenden Refrain von "Looking Up Your Number", der insgesamt doch zufrieden zurücklässt.

Trackliste

  1. 1. This Forgotten Town
  2. 2. Dogtown Days
  3. 3. Living In A Bubble
  4. 4. Ruby
  5. 5. Homecoming
  6. 6. Society Pages
  7. 7. Illuminate
  8. 8. Bitter Pill
  9. 9. Across My Field
  10. 10. Little Victories
  11. 11. Down To The Farm
  12. 12. Looking Up Your Number

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