laut.de-Kritik

Auf dem Panzer ist halt nicht im Panzer.

Review von

Ob Alex Turner schon als kleiner Junge davon geträumt hat einmal im Leben Panzer zu fahren? Popstars dürfen ja machen, was ihnen so in den Sinn kommt. Da fährt die Plattenfirma schon mal schwere Geschütze auf, engagiert einen gewissen Romain Gavras als Regisseur und buttert ordentlich Kohle in den Moskauer Pomp-Dreh.

Im Clip zu "The Age Of The Understatement", der ersten Single seines Seitenprojekts The Last Shadow Puppets, guckt der Monkeys-Frontmann dann aber doch etwas unbeholfen. Auf dem Panzer ist halt nicht im Panzer, und vielleicht war es dann doch ein bisschen zu kalt im russischen Eis.

Die Musik kommt ebenfalls mit mächtig Prunk und Pathos daher, mit viel Orchester und noch mehr Soundtrack-Stimmung. Von Understatement kann da keine Rede sein, Ohrwurmqualitäten kann man der Single trotzdem nicht absprechen. Überhaupt ist die gleichnamige LP, was das Hitpotential angeht, nicht schlecht bestückt.

"Was Turner anfasst, wird zu Gold", dachte sich sicher nicht nur die Plattenfirma. Mit Kumpel Miles Kane, seines Zeichens The Rascals-Sänger, und gehörig Unterstützung vom London Metropolitan Orchestra sowie dem Dirigenten-Guru Owen Pallett (aka Final Fantasy und Arcade Fire Live-Mitglied) entstanden allerlei sixtieslastige Klang-Epen, in viel Pop getaucht und mit reichlich Kino-Spannung unterfüttert.

Lauscht man Stücken wie "Separate And Ever Deadly" oder "Only The Truth" sieht man den Colt vorm geistigen Auge rauchen – das ist unterhaltsam und witzig, auf Dauer gesehen dann und wann aber sehr ähnlich bzw. leicht unambitioniert.

Was bei "My Mistakes Were Made For You" dank Glockenspiel und Surf-Gitarre noch elegant-verrucht anmutet und wirklich gut funktioniert, wirkt bei "The Meeting Place" schon etwas übertrieben und bei "Time Has Come", einem Gesang-Gitarre-Alleingang, leider mehr als schwülstig ("The Time Has Come Again / Slowly Walking Down The Steps / To Where She Would Have Been / If Only They Were Seventeen"). Da wären die beiden Herren doch lieber beim Ennio Morricone Gedächtnis-Twang geblieben.

Wirklich gut funktioniert der Retro-Filmmusik-Mix nämlich mit schnellen Indie-Gitarren und viel Trommelwirbel, wenn er dabei nicht zu sehr ins Weitschweifige, nostalgisch Verklärte abrutscht. Zu nennen sind hier natürlich der Opener, aber auch "Separate And Ever Deadly", das trotz reichlich eingesetzter Westerndramatik stellenweise das Ungestüme der Arctic Monkeys und auch das jugendlich Raue der Rascals-Songs durchschimmern lässt.

Ziel der beiden war es, ihrer Schwäche für Scott Walker (The Walker Brothers), Musiker und Jazzproduzent David Axelrod sowie den frühen David Bowie mit eigenem Einschlag Ausdruck zu verleihen. Herausgekommen ist ein Album, das vor allem erstgenannten ausgiebig Ehrehrbietung erweist, Turner und Kane mal in anderer, vornehmer Pose zeigt und dabei doch im Ganzen recht authentisch bleibt. Auch wenn man auf schwer verdaulichen Balladen-Schmalz à la "Time Has Come Again" doch besser verzichtet hätte.

Für alteingesessene Monkeys-Fans bietet "The Age Of The Understatement" auf jeden Fall eine ordentliche Portion Abwechslung. Und auch sonst erwärmt die Platte sicher nicht nur den Sechziger-Fan mit Faible für Wildweststreifen - einen gewissen Hang zu Nostalgie sollte man aber doch mitbringen, ansonsten wirkt das große Klangkino der Sehnsüchte und Träumereien schnell ein wenig anstrengend.

Trackliste

  1. 1. The Age Of The Understatement
  2. 2. Standing Next To Me
  3. 3. Calm Like You
  4. 4. Separate And Ever Deadly
  5. 5. The Chamber
  6. 6. Only The Truth
  7. 7. My Mistakes Were Made For You
  8. 8. Black Plant
  9. 9. I Don't Like You Anymore
  10. 10. In My Room
  11. 11. The Meeting Place
  12. 12. Time Has Come Again

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