laut.de-Kritik

Wie die Vertonung eines Teenie-Films aus den 80ern.

Review von

Tim McEwan und Tyler Lyle haben 80er- und 90er-Nostalgie zum bestimmenden Element ihrer Songs erkoren, huldigen obskuren Videospielen ebenso wie "The Breakfast Club" und komponieren drum herum einen kitschigen Synth-Sound. So machen der Däne und der Amerikaner das seit ihrem ersten Release 2014, inspirieren ließen sie sich unter anderem vom Soundtrack des Films "Drive", der Synth-Pop 2011 wieder en vogue machte.

Mit ihrem dritten Album "Monster" fordern die beiden jetzt allerdings etwas zu viel Geduld und Lust am Schwelgen von seinen Hörern. Knapp eine Stunde langen lullen The Midnight hier mit ihren sanften, unaufdringlichen Pop-Kompositionen ein, deren Kantenlosigkeit aber spätestens im letzten Drittel zu langweilen beginnt. Die Einwürfe von modernen Pop-Ideen hingegen tun den meistens Tracks gut.

Das Duo, bei dem selbst die Website im Retro-Pixel-Look gestaltet ist, schreibt sich als Motto den japanischen Terminus "Mono no aware" auf die Flagge. Eine direkte Übersetzung gibt es dafür nicht, es geht aber um so etwas wie die Schönheit des Vergänglichen. Anzuerkennen, dass alles irgendwann enden muss, ohne ausschweifendes Bedauern oder Zelebrieren. Musikalisch übersetzt sich das dann in süße Pop-Melodien, mal melancholisch, mal gut gelaunt, und wabernde Synth-Soundwände. Dazu vor allem Beats, wie sie in den 80ern von den Pet Shop Boys oder Alphaville erdacht wurden, stellenweise lassen The Midnight Trap-Hi-Hats einfließen.

Schon "America Online" gönnt sich einen langen Instrumental-Einstieg, der einen Nostalgia-Synth-Klang auf den anderen folgen lässt, bevor irgendwann eine heftig mit Vocoder belegte Stimme einsteigt. Ein Flöten-Klang droht erst, den Track zu billig klingen zu lassen, gefällt dann aber doch.

In "Dance With Somebody" und "Deep Blue" beleben The Midnight gar das gefürchtete, mit zu viel Leidenschaft getrötete 80er-Schnulzen-Saxophon wieder, wie es etwa George Michael mit "Careless Whisper" berühmt gemacht hat. Wider Erwarten begeistern sogar diese Parts, besonders in "Deep Blue", der rhythmisch an The Weeknds "Blinding Lights" erinnert und die selben Retro-Knöpfe drückt.

Das in Pathos getunkte "Prom Night" klingt wie eine modernere Version von "Forever Young", mit druckvollem Refrain und kitschigem Text, funktioniert aber in seiner Ehrlichkeit erstaunlich gut. "Prom night turns to daylight and we discover / Friends become lovers under covers" liest sich auf den ersten Blick zwar billig, spiegelt aber letztlich doch all das wider, was man aus amerikanischen Filmen über die Magie des amerikanischen Abschlussballs lernt. Dank Songs wie diesem oder auch dem Titeltrack wird die Platte so am Ende zu einer Vertonung eines nie gedrehten, aber nach Schema F verlaufenden Teenie-Films der 80er-Jahre, der irgendwie auch heute noch Kult ist. So wie "Footloose".

Einige starke Tracks täuschen aber nicht darüber hinweg, dass zu viele seichte Filler das Album zu lang machen. Der rein instrumentale Easy-Listening-Song "The Search For Ecco" beispielsweise rechtfertigt seine Existenz in seinen vier Minuten Laufzeit nicht, genau so wenig wie das noch längere "Helvetica". Der zu zuckerwattige "Seventeen" fällt auch eher in die Kategorie enttäuschend, hier gerät die Mischung aus Vocoder-Vocals, schläfrigem Trap-Beat und harmloser Instrumentation letztlich eher nervig. Lediglich die Solo-Gitarre in der zweiten Hälfte sitzt. Rund genug, um ein paar Tagträume von nächtlichen Autofahrten durch die nächste Großstadt anzustoßen und sich wie Ryan Gosling in "Drive" zu fühlen, ist das Album aber allemal – oder, um mal wieder Lust auf einen tanzenden Kevin Bacon zu machen.

Trackliste

  1. 1. 1991 (Intro)
  2. 2. America Online
  3. 3. Dance With Somebody
  4. 4. Seventeen
  5. 5. Dream Away
  6. 6. The Search For Ecco
  7. 7. Prom Night
  8. 8. Fire In The Sky
  9. 9. Monsters feat. Jupiter Winter
  10. 10. Helvetica
  11. 11. Brooklyn
  12. 12. Deep Blue
  13. 13. Night Skies
  14. 14. City Dreams (interlude)
  15. 15. Last Train

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