laut.de-Biographie
The Young Gods
Wenn sich eine Band aus der Schweiz in der internationalen Musikszene einen Namen macht, ist das schon recht ungewöhnlich. Wird sie dann aber auch noch von Leuten wie Mike Patton als prägender Einfluss herausgestellt, dann handelt es sich um eine gewichtige Auszeichnung, die bisher nur wenigen Musikern aus der Eidgenossenschaft zuteil wurde.
Dem guten Ruf und hochklassigen Releases zum Trotz fristen die Jungen Götter jedoch immer noch ein Schattendasein, obwohl die Genfer Musiker um Frontmann Franz Treichler schon seit 1985 regelmäßig in den Regalen der Plattengeschäfte wiederzufinden sind.
Ganz und gar nicht unauffällig ist die musikalische Botschaft des Schweizer Trios. Viel eher fühlt man sich bei der wummernden Soundmasse, die auf einen zu rollt, legt man die Nadel in die Rille einer Young Gods-Platte, an die Berliner Krachkünstler um Blixa Bargeld erinnert. Mit Schlagzeug, Synthesizer und Gesang bewegen sich die Young Gods irgendwo im Niemandsland zwischen Industrial, Techno, Punkrock und Grunge.
Gesamplete Gitarrenfetzen, ein groovender Sequenzerbass, verwaschene Geräuschschleifen und druckvolle Drumpatterns aus dem Synthie von Al Comet, der 1989 Cesare Pizzi ersetzt, angereichert mit den handgemachten Beats von Drummer Bernard Trontin, der 1996 das Gründungsmitglied Use Hiestand ablöste, bilden das Fundament, auf dem Franz Treichler seine dynamische Gesangsakrobatik vollzieht. Ein seltsames Süppchen, das zu Beginn der 90er Jahre via Ministry oder die Nine Inch Nails zum Millionenseller wird.
Doch während sich alle an der neuen Härte von Songs wie "Jesus Built Me Hot Rod" erfreuen, schlagen die Young Gods auf "Play Kurt Weill" ruhigere Töne an, bevor sie mit "T.V. Sky" das überzeugendste Album ihrer Karriere veröffentlichen. Den Dancefloor rockende Songs wie "Skinflowers" finden im epischen "She Rains", das auch aus der Feder von Jim Morrison stammen könnte, ihren Gegenpart. Nach ihrem 95er Longplayer "Only Heaven" bleibt es lange Zeit relativ es ruhig um die Young Gods, bis ihnen 2000 mit "Second Nature" das lang ersehnte Comeback gelingt.
Seitdem scheuen sie keine Experimente. Egal ob es die Feier ihres zwanzigjährigen Bestehens auf dem Montreux Jazz Festival war, wo sie zwei Nächte in Folge unter anderem mit einem symphonischen Orchester auftreten, oder das daran anschließende Album "Super Ready/Fragmenté" (2007). Ist es dort noch die musikalische Verbindung aus Psychedelic und Punk, gehen sie auf "Knock On Wood" (2008) rein akustische Wege und verlassen sich auf herkömmliche Instrumente. Dort hört man außerdem erstmalig den Gitarristen Vincent Hänni.
Gewohnt elektronisch-rockige Klänge gibt es auf dem nächsten Studiowerk "Everybody Knows" von 2010. Noch im gleichen Jahr kommen verschiedene Konzert-Mitschnitte auf den Markt, etwa "Griots & Gods", eine Live-Kollaboration mit den Hip Hoppern von Dälek, aufgezeichnet beim Les Eurockéennes Festival de Belfort in Frankreich. Danach werfen Vincent Hänni 2011 und Al Comet 2012 das Handtuch. Dafür kehrt Gründungsmitglied Cesare Pizzi zurück.
2015 lädt man sie dazu ein, beim Cully Jazz Festival auf der Bühne des THBBC Weinkellers ein offenes Labor einzurichten. Dort sammelt die Band erste Songideen für ihr nächstes Album "Data Mirage Tangram", die sie über die Jahre auf der Bühne weiterentwickelt. Franz Treichler verfeinert die dabei entstandenen Tracks in seinem Studio. Für den finalen Mix sorgt Alan Moulder, der in der Vergangenheit mit Nine Inch Nails arbeitete. Das Album erscheint 2019. Zwei Jahre zuvor feiern die Schweizer mit einer 800-seitigen Publikation über ihr langes Schaffen das 30-jährige Bandjubiläum.
The Young Gods lieben es, sich abseits der gewöhnlichen musikalischen Wege zu bewegen. Auch solo verschieben und erweitern alle Mitglieder ständig die musikalischen Grenzen.
1 Kommentar
Meilenstein für "T.V. Sky" oder "Play Kurt Weill" wäre doch mal was.