laut.de-Kritik
Ein Duett mit Amy Winehouse adelt den 85-jährigen Jazz-Crooner.
Review von Artur SchulzWie eine echte SuperHeavy-Besetzung auszusehen hätte, weiß Tony Bennett. Trafen sich 2006 für "Duets - An American Classic" schon Paul McCartney oder Barbra Streisand zum Stelldichein, erweisen 2011 u.a. Willie Nelson, Queen Latifah, Natalie Cole und Andrea Bocelli dem Jazz-Crooner ihre Referenz.
Dennoch steht Tony Bennett in Sachen Anerkennung (zumindest hierzulande) stets im Schatten Sinatras. Als persönliche Erkennungsmelodie fungiert jeweils ein Song über eine Stadt - bei Ol' Blue Eyes "New York, New York", bei Bennett "I Left My Heart In San Francisco". Auch bei der Songauswahl gibt es Überschneidungen, sogar hinsichtlich ihrer italienischen Vorfahren.
Dass "Duets II" endlich Bennetts Einzigartigkeit ins weite Publikum tragen könnte, hat tragischerweise auch mit einem Todesfall zu tun: Das Duett "Body And Soul" geht als letzte Studioaufnahme der verstorbenen Amy Winehouse in die Musikgeschichte ein.
Hier beweist die Soul-Sängerin trotz angekratzter Intonation erneut, welch unausgeschöpftes künstlerisches Potential in ihr steckte. Rührend auch das Booklet-Foto der beiden, bei dem Amy zum väterlich lächelnden Tony aufblickt, vielleicht hätte der ebenfalls drogenerfahrene Bennett ein hilfreicheres Umfeld für sie bereithalten können.
Wie Scheitern auf zu hohem Niveau klingt, dokumentiert gleich zu Beginn Lady Gaga mit ihrem Auftritt im unsterblichen "The Lady Is A Tramp". Der Einsatz stimmt, doch ihr schmächtiges Stimmchen taugt halt besser für hypegetränktes Neuzeit-Chartsfutter. Nur Altmeister Tony rettet diese Version smart und versiert vor einer Komplett-Bruchlandung. Nur Kollegin Madonna ist mit "American Pie" schon mal übler als Cover-Gift aufgefallen. K.D. Lang als Partnerin für den Schmachtfetzen "Blue Velvet" ist dagegen eine umwerfende Kombination, bei der die Chemie sofort stimmt.
Stimmlich hat der mittlerweile 85-Jährige allerlei persönliche Tiefen des Lebens bewundernswert überstanden. Gerade die in Jahrzehnten entstandenen Narben und Risse im Gesangsbild verleihen seinem noch immer flexiblen und modulationsreichen Vortrag das gewisse Extra. Eleganten Crooner-Charme besitzt man, oder eben nicht.
Ein glänzendes Pärchen geben Tony und Norah Jones im Mitternachts-Club von "Speak Low" ab. Trefflich erzeugt die Band eine schlichte, sinnliche Bar-Atmosphäre. Norah intoniert ihre Gesangspassagen höchst sexy, und sogar mit einem bei ihr kaum vermuteten Hauch von Laszivität. Klar, dass der Altmeister sich hier wohlfühlt. "Don't Get Around Much Anymore" bestätigt eine lang gehegte Vermutung: Michael Bublé ist und wird kein Guter. Tony ist Gentleman genug und bemüht sich, ihn ordentlich aussehen zu lassen, doch wo kein Gold ist, kann nichts glänzen. Bennetts edle Patina strahlt heller.
Heulboje Mariah Carey hält sich auf "When The Bells Ring For Me" angenehm zurück - doch für die eigentliche Seele des Songs ist sowieso Tony zuständig. Der Gesamt-Mix auf den insgesamt 17 Tracks stimmt. Erfreulich auch, dass Bennett viel Wert darauf legte, keine längst ausgelutschten "American Songbook"-Songs wiederzukäuen. In vielen Momenten auf "Duets II" steht sein gesangliches Können in Sachen Klasse problemlos auf einer Stufe mit den Spätwerken von Johnny Cash oder Neil Diamond.
2 Kommentare
Warum zum Teufel wird Queen Latifah in einem Atemzug mit unter anderem Willie Nelson und Barbara Streisand genannt? Wo istn die ne Ikone?
es geht doch nicht um latifah, sondern primär darum, zu zeigen, wie wandlungsfähig der alte knochen stilistisch ist.