laut.de-Kritik
"Fuck Indie, let's make some money".
Review von Oliver LambrechtSeit jeher strahlen Zahlen eine unstillbare Faszination auf die Menschen aus. 100 ist eine dieser Zahlen, die neben einer Zäsur auch häufig Anlass zu einer Feier geben. Heuer feiern hunderte Millionen 100 Jahre Astrid Lindgren. Mehrere 100, wenn nicht gar Tausende feiern darüber hinaus auch die 100. Veröffentlichung des schwedischen Labrador-Labels.
Aus diesem Grund stellen die fünf Verantwortlichen (Bengt Rahm, Johan Angergård, Joakim Ödlund, Niklas Angergård und Mattias Berglund) eine Werkschau zusammen und kompilieren Songs von jeder ihrer bisherigen Veröffentlichungen.
Einzige Ausnahme bildet "Kingsize" bzw. "Lab020", ebenfalls eine Compilation. Dem Kind geben sie den Namen "Labrador 100, A Complete History Of Popular Music." Die Geschichte der populären Musik umfasst demnach 33 Bands, die Indie-Herzen höher schlagen lassen.
Die Fülle der Songs (natürlich: 100) verteilt sich auf vier in Pappe gehüllte CDs, die jeweils mit zeitlicher Klammer versehen sind. Im beiliegenden Büchlein kommentieren die fünf Herren mit launigen Worten jeden einzelnen Song und stellen sich darüber hinaus auch noch den zehn Fragen zur Label-Geschichte.
Zwar dachte man in den Anfangszeiten noch an T-Shirts mit dem Aufdruck "Fuck Indie, let's make some money", sparte den Humor und die Glaubwürdigkeit dann aber doch für die gute Musik auf.
Wir richtig diese Entscheidung war, belegt die nunmehr zehnjährige Verlagsgeschichte. Einerseits funktioniert Labrador als Plattform für eigene Projekte wie The Legends, Acid House Kings, Club 8, Les Espions und Starlet, also Bands, denen auch über die Landesgrenzen hinaus Bekanntheit zukommt.
Andererseits veröffentlichen auf Labrador neben eigenen Helden (u.a. Waltz For Debbie, Leslies) auch vielversprechende Unbekannte, die bereit sind, eine ruhmvolle Karriere zu starten.
So finden sich etwa Werke von The Radio Dept. auf dem "Marie Antoinette"-Soundtrack. Auch [Ingenting], Loveninjas und Suburban Kids With Biblical Names kursieren in Kreisen weit entfernt der Heimat.
Neben den zahlreichen Gruppen tummeln sich darüberhinaus großartige Singer/Songwriter wie Lasse Lindh und Pelle Carlberg im Label-Repertoire. Alle Musiker des Hauses eint die schwedische Herkunft, der DIY-Ansatz und die Wertschätzung ihrer Besitzer.
So prangt zwangsläufig auch auf jeder Veröffentlichung ein dickes Indie-Pop-Label. Hip Hop, Metal und andere Stile bleiben außen vor.
Insgesamt kann man sagen, dass sämtliche Lieder im Kontext von Melancholie (Pelle Carlberg - "Go To Hell Miss Rydell", Airliner - "Trying To Be Clever", Waltz For Debbie - "He Loves Anna"), Gniedel-Pop (Laural Music - "Sacred Heart") und Euphorie (Loveninjas - "Keep Your Love", Sambassadeur - "Kate") stehen.
Zwischen analog und elektronisch decken auf "Labrador 100, A Complete History Of Popular Music" über fünf Stunden Musik jede Stimmungslage mit beängstigend guter Qualität ab.
Bei 33 Bands und 100 Songs stimmt darüber hinaus auch die Quantität. Nun handelt es sich bei Labrador zwar schon lange nicht mehr um einen Geheimtipp. Aber dass das sympathische Label aus Schweden mehr Aufmerksamkeit verdient, beweist jeder einzelne Titel der Zusammenstellung.
Wer von der ersten Labrador-Veröffentlichung an dabei war und sich Sammler nennt, dürfte der einzige sein, der auf diese Box verzichten kann.
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