laut.de-Kritik
Von Verlust und Trennung, kitschig, schnulzig, und doch eigen.
Review von Martina KellnerDiesmal gibt es kein Schönreden um jeden Preis. Tracks wie "Bitte Bleib Nicht, Wenn Du Gehst" oder "Von Einer Besseren Welt" handeln von Verlustgefühlen und Trennungsängsten, von tiefer Niedergeschlagenheit und durchdringender Mutlosigkeit. VJ! zeigen sich ungewöhnlich düster. Hoffnungsschimmer ade, sozusagen.
"Land Unter" – das hört sich schon nach wenig Zuversicht an, eher nach Melancholie und Schwermut! Wollen VJ! mit diesem dritten Longplayer nun endgültig weg vom Image der "Immer Gute Laune-Indie-Popper"? Raus aus der Schublade "jugendlich-naiver Power-Pop"? Bereits auf der zweiten Platte "Anfänger" zeigten sich Nino, Thomas, Mathias und Angelo von einer nachdenklicheren Seite – weniger hoffnungsvoll, als auf dem "Heile Welt"-Debüt "Wer Hat Angst Vor Virginia Jetzt?". Und doch gab es hier auch diese Lichtblickmomente, nach dem Motto "Morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus".
Das dritte Album bricht mit dieser Tradition des Relativierens, die Songs wirken bekümmerter und bedrückter als zuvor. Der Hang zu großen Harmonien ist noch etwa im Opener "Weit Weg" wiederzuerkennen, mit einfühlsamen Pianoklängen und pompösen Streicherharmonien. Da sind die Brandenburger überladen schnulzig, aber irgendwie ist das doch auch ihr Stil: ein bisschen Kitsch hier, ein wenig Herzschmerz da ... Das sollte man nicht vorschnell verteufeln!
"Land Unter" klingt insgesamt reifer. In einigen Songs thematisiert Songwriter Thomas DDR-Vergangenheit und Wendezeit: In "Weit Weg" wird so der Mauerfall zur Metapher für mögliche Beziehungen, die doch nie erreichbar sind, "Zonenkind" widmet sich der Frage nach Zugehörigkeit und den Prozessen der Vergangenheitsbewältigung. Alles sehr homogen, textlich und melodisch rund. Dabei strebt die Musik mit durchgängiger Dynamik deutlich nach vorn. Bestes Beispiel hierfür ist der Track "Singen Und Singen". Der Fokus liegt hier eindeutig auf dem Piano, das Rhythmus und Takt deutlich vorgibt und Spannungen aufbaut. Ähnlich dominiert das Klavier auch "Ich Kann Nicht Wie Die Anderen".
Instrumentalisierung und Melodie fallen zum Teil deutlich hoffnungsvoller als die zugehörigen Lyrics aus. "Wenn Hoffnung auf dem Album ist, dann ist sie eher in der Musik, nicht in den Texten", weiß auch Sänger Nino. Doch manche Tracks wenden sich ganz den negativen, schmerzenden Gefühlen zu. "Land Unter" beginnt mit bedrückend anmutendem Gitarren-Intro, Melodie, Gesang und Lyrics wirken traurig, wehmütig: "Von ganz weit oben, ging's ganz tief runter. Wenn man nicht weiß, was man tut und nicht lebt, wie man muss und alles zusammenbricht. Und wenn man trotz allem glaubt, man war es nicht, das stimmt dann nicht. Nein das stimmt dann nicht."
Bleibt festzuhalten, VJ! machen sicher noch immer keine Musik für jedermann und bringen sicher auch eine gewisse Portion Kitsch mit – beim einen Song mehr, beim anderen weniger – doch muss das automatisch eine Kritik sein? VJ! haben ihren ganz eigenen Stil, das zeigen sie mit "Land Unter" einmal mehr.
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