laut.de-Kritik
Vom waidwunden Walgesang zum bouncenden Clubtrack.
Review von Mathias MöllerDas Kölner Sound-Chamäleon Von Spar unterstreicht seit seinem Bestehen eine Konstante: Unberechenbarkeit wie sagen wir mal Pi mal die Wurzel des Radius der Birne, die mir heute Morgen auf dem Wochenmarkt runtergefallen ist. Auch 2010, auf Album Nummer drei, gilt nur eins: Expect the Unexpected.
Von Spar haben sich wieder mal umgestellt und besteht derzeit aus Sebastian Blume, Jan Philipp Janzen, Phillip Tielsch und Christopher Marquez. Organischer wird der Sound deswegen nur bedingt. Klar, hier gibt es Gitarre zu hören, da einen "echten" E-Bass, und "richtiges" Schlagzeug.
"Foreigner" klingt dabei weder wie das Debüt "Die Uneingeschränkte Freiheit Der Privaten Initiative" noch wie das sperrige, selbstbetitelte zweite Album. Eine logische Entwicklung? Vielleicht: Weg von der sonischen Langzeitbelichtung, zurück zu mehr Songformat.
Trotzdem erhält jede Nummer auf "Foreigner" den Raum, den sie braucht. Dass dabei nur acht Stücke herumkommen, ist eher nebensächlich. Es zählt, wie es klingt. Hier trumpfen Von Spar groß auf: Elektro-Kraut ohne Angst vor etwaigen peinlichen Vergleichen.
Wer in den Achtziger Jahren mal in den elterlichen Plattenschrank geschaut hat, fand dort vermutlich ein Album mit einer Erde auf dem Cover, die sich von einem menschlichen Schädel schält. Jean Michel Jarres "Oxygène", ein sechsteiliges Proto-Ambient-Relikt aus den späten Siebzigern, war damals so etwas wie, man mag es kaum sagen, Kult.
Tatsächlich zieht man unwillkürlich diese Parallele ins Jahr 2010. Sphärisch, ätherisch, geheimnisvoll und vor allem: auf ganz komische Art faszinierend. Das verbindet Jarres Meisterwerk mit "Foreigner". Das wabernde, wobbelnde "Collecting Natural Antimatter" ist ein direkter Enkel dessen.
Aber auch krautige Einflüsse sind deutlich durchzuhören, "Foreigner" kennzeichnen Experimentierwut und Nonkonformismus. Man ist versucht, referenziell zu fragen: Ist das noch populär? Mit Sicherheit nicht, aber so schillernd kann die Nische sein.
Doch mitunter werden Von Spar auf einmal sehr greifbar: "trOOps" zum Beispiel groovt ähnlich lässig vor sich hin wie Gnarls Barkley, allerdings mit einem My weniger Weirdness.
Und: Natürlich ist "Foreigner" fett produziert. Wenn schon zurück in die Zukunft, dann bitte mit dem entsprechenden Soundgerüst. Keine flachen, anachronistischen Bässe, keine klinischen Drumpattern à la Kraftwerk. "Foreigner" klingt absolut entrückt und gleichzeitig tanzbar.
Das abschließende "Daddy Longlegs" bringt es auf den Punkt: Vom waidwunden Walgesang zum bouncenden Clubtrack in gut zwei Minuten. Das schaffen so nur Von Spar.
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