laut.de-Biographie
W.A.S.P.
Für diejenigen, die's nicht wissen: W.A.S.P. heißt so viel wie White Anglo Saxon Protestants und ist eine Abkürzung für die besonders (schein-)heiligen U.S.-Amerikaner. Diese Bezeichnung führte man in den ersten Jahrzehnten der Erschließung des nordamerikanischen Kontinents ein. Allerdings halten sich auch immer noch Gerüchte, dass 'We Are Sexual Perverts' ebenfalls stimmen könnten.
Was das mit 'ner Metal-Band zu tun hat? Vermutlich nicht so viel, wenn man davon absieht, dass Sänger/Gitarrist Blackie Lawless (bürgerlicher Name: Steve Duren) aus so einer Familie stammt und auch eine streng religiöse Erziehung erlebte. Daran mag es auch liegen, dass er sich im Laufe seiner Karriere immer wieder gegen blinden Glauben und religiöse Unterdrückung auflehnt und sich mit teilweise recht plumpen Provokationen zum Aushängeschild des durchgeknallten Bad Boys für Amerikas Moralapostel entwickelt.
Die Story beginnt in den 70ern mit einer Band namens Sister, in der Blackie zum ersten Mal aktiv ist. Sister ist auch eine der ersten amerikanischen Bands, die einen Drudenfuß in ihrem Schriftzug verwendet. Die Band löst sich 1978 auf, und es dauert vier Jahre, bis sich W.A.S.P. als Band formieren. Ob es Tatsache oder nur Gerücht ist, dass Blackie auf seinen Gitarristen Chris Holmes beim Blättern in einem Hustler Magazin gestoßen ist, vermag heute keiner mehr zu sagen. Durch die exzessiven Liveshows, bei denen sie rohes Fleisch ins Publikum werfen, Kunstblut aus Schädeln trinkt und Vergewaltigungen und Mord von Frauen simulieren, ist es nicht verwunderlich, dass Probleme vorprogrammiert sind. Doch anstatt nur zu provozieren, nutzt die Band ihre Popularität und ruft ihre Fans bei einem Konzert zum Blutspenden bei dem vor dem Saal stationierten Roten Kreuz auf. Dieser fährt nach dem Konzert mit mehreren hundert Litern gespendetem Blut nach Hause.
Capitol Records nimmt die Band schließlich unter Vertrag, weigert sich aber, die Platte mit dem Song "Animal - Fuck Like A Beast" zu veröffentlichen. Music For Nations haben in Europa diese Skrupel nicht, und die Single macht im Nullkommnix Gold. Capitol veröffentlichen die Scheibe dann ohne den Track. Auf der ersten Tour steht Blackie am Bass, Chris Holmes und Randy Piper an der Gitarre und Tony Richards sitzt hinter den Drums. Dieser macht seinen Platz aber recht fix für Steve Riley frei, und W.A.S.P. touren mit ein paar Nasen namens Armored Saint und ein paar Jungfüchsen aus der Bay Area, die sich Metallica durch die Gegend. Mit ihrer zweiten Scheibe sichern sie sich den Openerpart für Kiss und Black Sabbath und auch die Aufmerksamkeit des PMRC (Parents Music Resource Center), bei dem Tipper Gore, die Frau von 'Ich will 'ne neue Auszählung' Möchtegern-Präsidenten Al Gore, den Vorsitz inne hat. Diese erzählt jedem, der es hören will (und auch unzähligen, die es nicht hören wollen), dass W.A.S.P. für den moralischen Verfall Amerikas verantwortlich sind, was schließlich in einem Attentat auf Blackie endet, das zum Glück schief geht.
1986 kratzt Randy Piper die Kurve, für ihn kommt Basser Johnny Rod (ex-King Kobra) ins Line-Up. Blackie schnappt sich die Klampfe, spielt "Inside The Electric Circus" ein und geht als Headliner mit den Openern Slayer und Raven auf Tour. Slayer lassen dabei keine Möglichkeit aus, sich in der Presse über den Headliner lustig zu machen. Schließlich würden die Fans alle nur wegen ihnen kommen. Die anschließende Live-Scheibe "Live ... In The Raw" enthält drei zusätzliche Songs, wobei "Harder, Faster" als Ode an Mrs. Gore zu verstehen ist (Informationen über authentische Umsetzung sind der Redaktion nicht bekannt).
Auf "The Headless Children" hat Ex-Quiet Riot Drummer Frankie Banali Steve Riley ersetzt, der sich in Richtung L.A. Guns verabschiedet aht. Man schraubt das Bühnendeko und die schrillen Klamotten etwas zurück und verlässt sich mehr auf die Musik. By the way: Einer von Blackies im Schritt angebrachten Funkensprühern ging einmal nach hinten los, was seiner Stimmlage aber nicht geschadet hat, seiner Familienplanung auch nicht nachhaltig ...
Nach dieser deutlich nachdenklicheren Platte trennen sich die Wege von Blackie und Chris Holmes, der inzwischen Lita Ford geehelicht hat. Daraufhin folgt Meister Lawless' kreativste Phase. Daraus resultiert 1992 die Konzept Platte "The Crimson Idol", welche viele als die beste W.A.S.P.-Scheibe überhaupt betrachten. Blackie spielt alle Instrumente selbst und lässt sich nur von Drummer Stet Howland unterstützen, der auch danach weiter zum Line-Up gehört. Die Unterstützung von Capitol Records lässt hingegen schwer zu wünschen übrig, und nach einem Auftritt beim Castle Donington mit Slayer und Iron Maiden fehlt der finanzielle Support des Labels, um auch in den USA entsprechend zu touren. Johnny Rod ist inzwischen wieder mit dabei, die Leadgitarre bedient Doug Blair. Mit "First Blood..." läuft der Vertrag mit Capitol aus, man geht getrennte Wege.
"Still Not Black Enough" nimmt der Gesetzlose wieder mehr oder minder im Alleingang auf und muss zunächst ohne US-Deal auskommen. Auch kann er das Album nicht live promoten, weshalb es nicht gerade zum Megaseller etabliert, obwohl es genau wie sein Vorgänger eines von W.A.S.P.s stärksten Alben ist. Blackie verträgt sich wieder mit Chris, und zusammen mit Stet Howland und Neuzugang Mike Duda am Bass spielen sie '97 "Kill Fuck Die" ein, was die Band mit leichter Industrial-Schlagseite präsentiert. Das nehmen die Fans aber weniger gut auf, weshalb die Kombo auch schon auf dem Nachfolger "Helldorado" wieder zu alten Strickmustern zurück kehrt. Auch "Unholy Terror" bietet von musikalischer Seite nichts bemerkenswert Neues, kann aber an alte Traditionen anknüpfen und spricht den Fans aus dem Herzen.
"Dying For The World" zeigt die Band etwas ruhiger, aber auch abwechslungsreicher. Neben Blackie, Basser Duda und Drummer Banali bedient inzwischen Darrell Roberts die zweite Gitarre. Anschließend zieht sich Blackie erst mal wieder etwas zurück, um an einer Story zu arbeiten, die ihm schon seit knapp zehn Jahren durchs Hirn geistert. Es scheint wieder an der Zeit für ein weiteres Konzeptalbum zu sein, doch dieses Mal steht ihm der Sinn nach Größerem. Die Geschichte von Jessie, der von seiner drogensüchtigen Mutter ausgesetzt wird und in einem Waisenhaus aufwächst, dort von einer sadistischen Nonne sexuell missbraucht wird und nach seiner Flucht aus einem Sanatorium in die Hände eines undurchsichtigen Kerls namens Judah fällt, ist schon allein Stoff für ein einzelnes Album. Da die Geschichte von Jessie, den Judah langsam aber sicher zu einer Art Messias aufbaut, damit noch nicht zu Ende ist, muss folglich eine zweite Scheibe her.
"The Neon God: Pt. I - The Rise" erscheint also Mitte April, bevor der zweite Teil im Juni auf den Markt kommt. Trotz ansprechender Geschichte und auch musikalischer Umsetzung lässt der Sound des Albums sehr zu wünschen übrig, worunter die Bewertung deutlich leidet. Auf der anschließenden Tour läuft auch so einiges schief, was nicht unbedingt zum guten Ruf des Gesetzlosen beiträgt. Ob er sich die Kritiken am ersten Teil zu Herzen genommen hat, oder ob die Unterschiede zwischen den beiden Alben von vorne herein geplant waren, weiß man nicht. Jedoch sind sowohl Sound als auch Songs auf "The Neon God: Pt. II - The Demise" ein Stück besser gelungen, das hält einmal mehr die Flagge der Hoffnung am Wehen.
Allerdings scheint es mit der Hoffnung nicht allzu weit her zu sein, denn auf den Live-Auftritten beschleichen einen immer mehr Zweifel, wie viel denn da vom Band kommt und wie viel tatsächlich live ist. So wird es 2005 und 2006 relativ ruhig um die Band, da auch diverse Touren immer wieder abgesagt oder verschoben werden und diverse Nebenprojekte der einzelnen Musiker laufen. Doch Blackie gibt natürlich nicht auf und legt Ende April 2007 mit "Dominator" nach. Nachdem die Scheibe eigentlich über SPV erscheinen sollte, sind letztendlich Demolition Records für den Vertrieb verantwortlich.
Mit den Norwegern Susperia geht es pünktlich zur Veröffentlichung durch Europa. Im Anschluss daran wird es zunächst wieder etwas still um die Band, ehe sie sich 2009 auf dem Bang Your Head wieder zurück melden. Den dort hinterlassenen, recht positiven Eindruck, wiederholen sie Mitte Oktober mit dem nächsten Album Babylon.
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