laut.de-Kritik
Solo-Akustik mit reichlich Dreck und Power.
Review von Artur SchulzEs nötigt zum Schmunzeln, wenn Maahn im Booklet seine Gedanken zum aktuellen Album einbringt: "Mögen diese Aufnahmen, "Lieder vom Rand Der Galaxis", neue Power-Cookies für eure Seelen sein!"
Das klingt nur ganz nackt und für sich gelesen vielleicht ein bisschen überkandidelt. Doch nach dem Durchlauf der 15 Tracks steht fest: da hat der ewige Deserteur ein richtig fettes und außergewöhnliches Live-Album abgeliefert.
Im September 2012 feiert Wolf sein dreißigjähriges Jubiläum als Musiker. Doch eine große Party mit Band und Gästen ist bei "Lieder Vom Rand Der Galaxis" nicht angesagt. Ganz im Gegenteil! Auf der Bühne des Berliner Tempodrom: ganz schlicht Maahn am Mikro, Maahn an der Akustischen, für die Beats Maahns Fuß im Verbund mit einer flachgelegten Cajon-Box.
Durch derlei Beschränkung klingt er jedoch nicht gleichförmig. Wozu auch eine vielköpfige Band, wenn ein einziger Musiker mit Herzblut vollkommen ausreicht? Der Auftritt besticht mit viel Temperament, Virtuosität und eine so noch nie gehörte Herangehensweise an den eigenen Backkatalog.
Was aus alten Sachen alles herauszuholen ist, beweist Maahn schon zu Beginn mit "Irgendwo In Deutschland". Kaum zu glauben, dass die Nummer bereits 28 Jahre auf dem Buckel hat. Das effektiv umgestaltete Arrangement lässt die fehlenden E-Gitarren zu keiner Sekunde vermissen. Von Deutschrock-Patina keine Spur, besonders die nachdenklich angelegten Lyrics klingen passgenau auf heutige Zeiten gemünzt.
"Kathedralen Von Zahlen" eröffnet der gebürtige Berliner hochtourig mit einem fiebrig gezupften Saitenintro. Das auf energiegeladene Spiel auf der Akustischen gestaltet sich mitreißend, dampfig und dreckig. Interaktion mit dem Publikum und persönliche Ansagen sind zurückhaltend eingestreut. Dennoch verströmt der Mitschnitt jede Menge Atmosphäre. Besonders, wenn Maahn die mitsingenden Fans für einige Zeilen in den Vordergrund stellt. Wolf selbst zeigt keine Scheu vor einem mal schief herausgerotzten Ton. Seine Stimme kratzt, faucht, nöhlt und presst. Er probiert, experimentiert, lotet Nuancen aus und lässt sich vom jeweiligen Song treiben und mitreißen.
Hörenswerte Dreingabe: Die einzige neue englisch intonierte Nummer "Nothing But A Heartache". Der reichlich Rhythm And Blues atmende Midtempo-Track gefällt auf Anhieb. Als Maahn in den Achtzigern mit "Total Verliebt In Dich" ein kleiner Singlehit gelang, hinterließ das Arrangement einen etwas zu steril und clean geratenen Eindruck. Was in dem Song tatsächlich steckt, beweist die hier vorliegende Variante.
Mit dem soulig groovenden "Gut, Gut, Gut" beendet Maahn ein begeisterndes Konzert, randvoll mit starken Augenblicken. "Unsere Träume / sind nie gefeit / gegen 'ne Überdosis / Wirklichkeit", heißt es in "Der Clown Hat Den Blues". Diese Zeile beschreibt vielleicht am besten die Intention von Maahns künstlerischen Fight gegen die Realität. Wer wie er immer wieder mit vollem Einsatz Herz und Seele einbringt, braucht keinen Gegner zu fürchten. Old fashioned? Klar, in jedem Ton. Doch immer mit Energie und ehrlichem Gefühl, anstatt kühler Kalkulation.
Das Lagerfeuer an Maahns Akustikabend prasselt hell und kraftvoll, und wärmt noch lang nach Mitternacht.
1 Kommentar
Wolf ist schon ein Guter (insbesondere live)!