laut.de-Kritik
Bei Wolle kann einem Roger Cicero gestohlen bleiben.
Review von Michael EdeleWas zur Hölle hat man wohl zu erwarten, wenn man eine CD mit dem etwas seltsamen Namen Wolfgang Parker aus dem Briefkasten zieht? Vor allem wenn man dann noch einen Anzugträger mit Aktenköfferchen auf dem Cover der Scheibe erblickt. Wie soll sowas denn bitte schön rocken? Soll es doch gar nicht. "Room Nineteen" soll viel eher swingen!
Und das macht das Album auch dermaßen, dass sich James Last beim Fingerschnippen bestimmt den Daumen brechen würde. Allerdings verzichte Mr. Parker auf irgendwelche Blechhupen, sondern verlässt sich ausschließlich auf seine Stimme, sein Bassspiel und seine beiden Sidekicks Alan und Aaron an Gitarre und Schlagzeug. Zumindest heutzutage, da aber alle Songs vom letzten Album "Octobour" plus fünf weitere vom Debüt "Hep City Swing" stammen, ist seine Hintermannschaft noch eine andere.
Die gibt mit dem Opener "Among The Ash Heaps (And Millionaires)" gleich mal ordentlich Gas. Keine Frage, das ist 'ne Swingnummer, aber mit ordentlich Gitarrenpower und Wolles Gesang klingt fast schon nach Billy Idol. Auch die beiden folgenden, "Shiseido (The Fall)" und der Titeltrack, setzen auf verzerrte Gitarren und deutliche Psychobilly-Einflüsse, genau wie das ebenfalls mit ordentlich Drive ausgestattete "To Say You Love Me". Mit "The Heat" geht es dann schon eher in Rockabilly-Gefilde, in die immer mehr Jazz und Swing einfließen.
Mit "Mata Hari" ist der Wechsel zum beinahe schon traditionellen Jazz vollzogen, der sich mit dem fantastischen "Sing Baby Swing" perfekt fortsetzt. Zwischendrin gibt es ein paar entspannte Barklänge mit toller Pianountermalung in Form von "Half Way Around The World" - da kann mir jeder Roger Cicero dreimal gestohlen bleiben. Damit ist das Repertoire des Sängers und Songwriters aber noch lange nicht erschöpft, denn "The Mice, The Demons, And The Piggies" swingt auch ohne Verzerrung, hat dafür aber einen wahren Zungenbrecher als Scat, der die Mäuse wirklich tanzen lässt.
Noch nicht genug? Kein Problem, klingt doch "Lonely Just Like Me" wie 'ne Mischung aus Country und Jazz. Ein typischer Tarantino-Soundtrack eben. "Whisper Something German (In My Ear)" bekommt schon mal den Preis für den absurdesten Titel das Jahres und lässt zwischenzeitlich mal wieder ein paar Gitarren sprechen. Das spanisch intonierte "Armor Perdido" wäre eigentlich auch wieder prädestiniert als Soundtrack auf einem Tarantino- oder Rodriguez-Streifen, von der Ballade "Blood Red Water" ganz zu schweigen.
"It Always Ends" spricht schließlich nicht nur ein wahres Wort, sondern zollt eher den rockenden Wurzeln von Wolfgang Parker Tribut. Die sollen auch auf dem nächsten, schon geplanten Studioalbum stärker zu hören sein. Man darf dem also mit einer gewissen Vorfreude entgegen sehen und hoffen, dass uns der Mann demnächst auch mal live beehrt.
Noch keine Kommentare