laut.de-Kritik

Wie ein Sonnenaufgang im Death Valley.

Review von

Die kalifornische Wüste muss ein magischer Ort sein. Naturschauspiele in karger Einöde und grenzenlose Ruhe, nur ab und zu von einem Cowboy-bestiefelten Mustang-Fahrer unterbrochen, der einsam durch die sandigen Weiten röhrt. Nicht umsonst ein Ort, der das Genre Desert Rock mit seinen großen Bands Kyuss oder Karma To Burn geboren hat. Die Daddys dieser Stilrichtung sind allerdings Yawning Man, bereits 1986 gegründet und vermutlich öfter länger in der Wüste auf ausgedehnten Campingtouren unterwegs gewesen.

32 Jahre später ist "The Revolt Against Tired Noises" gerade einmal der sechste Langspieler. Mit im Camper sitzt das aufstrebende Label Heavy Psych Records, das hier einmal mehr sein Gespür für die richtige Veröffentlichung zum richtigen Zeitpunkt zeigt. In einer Zeit, in der Labels jedes zweite Rock-Album mit den Attributen "Desert" oder "Stoner" betiteln, kommt nun also der Ursprung zurück.

Die Seelenruhe der Kalifornier zeigt sich direkt im Opener "Black Kite". Auf einem stabilen Fundament experimentiert Gitarrist Gary Arce mit offenen und sphärischen Sounds, fängt tief unten an und schraubt sich in höchste Höhen, wie ein Drachen halt. Das hier ist nicht das Gaspedal auf der Straße, sondern der Sonnenaufgang im Death Valley.

Der Titeltrack schlägt beziehungsweise schmiegt sich in die gleiche Kerbe. Bassist Mario Lalli (Across The River, Fatso Jetson) und Drummer Bill Stinson grooven super entspannt, dennoch eindrücklich, und Arce lässt sich nur im ein oder anderen Fill zu einem etwas dunkleren Sound hinreißen. Auf "Skyline Pressure" bekommt der Klang der Band etwas mehr Theatralik, klarere Riffs und Melodien, dafür eine etwas abwechslungsreichere Komposition. Etwas mehr Rock in der Wüste also, ohne jedoch in Stress auszuarten.

Diese Entwicklung setzt sich auf "Grant's Heart" fort, eine kompakte Komposition in radiotauglicher Dauer, Lalli erlaubt sich sogar zu singen. Halbzeitbilanz: Die Dichte und Atmosphäre dieser Platte ist erstaunlich.

Die zweite Hälfte startet mit "Violent Lights" etwas poppiger und zugänglicher. Mit seiner simplen Melodie und klarem Rhythmus erinnert der Song anfangs eher ein wenig an den Post-Rock der 2000er und wirkt zunächst im Gesamtbild etwas deplatziert. Gegen Ende packen Yawning Man aber doch noch das Psychedelic-Toolkit aus.

"Catamaran" löst bei aufmerksamen Desert-Rock-Fans spontane Kyuss-Rufe aus: Richtig, die Nummer stammt vom 1995er-Album "And The Circus Leaves Town", wurde aber ursprünglich von Yawning Man geschrieben und nun für "The Revolt Against Tired Noises" aufgenommen.

"Misfortune Cookies" gerät wieder ruhiger und experimenteller, macht aber recht schnell Platz für das Grande Finale "Ghost Beach". Hier lebt die Band auf einem eher pumpenden Beat-Gerüst nochmal die ganze Bandbreite ihrer Experimentierfreudigkeit aus, um sich zum krönenden Abschluss letztmals in psychedelische Weiten zu schießen. Nach den rund 40 Minuten bleibt ein Gefühl der Entspannung.

Yawning Man erschaffen aus einer grundlegenden Gelassenheit heraus große Momente. Es fällt nicht schwer zu hören, warum sich eine ganze Generation von Musikern hier inspirieren ließ. "The Revolt Against Tired Noises" lässt sich durchaus wörtlich nehmen und dient als willkommene Abwechslung für diejenigen, die dem allgegenwärtigen und oft belanglosen Krach müde sind.

Trackliste

  1. 1. The Black Kite
  2. 2. The Revolt Against Tired Noises
  3. 3. Skyline Pressure
  4. 4. Grant's Heart
  5. 5. Violent Lights
  6. 6. Catamaran
  7. 7. Misfortune Cookies
  8. 8. Ghost Beach

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