laut.de-Kritik
NYC Art-Punk oder die Rückkehr zur sanften Melodie.
Review von Philipp SchiedelWer sich im Zeitraum vom letzten Frühjahr bis heute auch nur ansatzweise mit Rockgitarren-Musik beschäftigt hat und bei dem der Name dieses heißen Trios aus New York City nichts auslöst, der hat - mit Verlaub – die Welt verpennt. Nach der beeindruckenden EP "Master", die mal kurz so ziemlich alles in den Schatten stellte, was sich irgendwie in der Nische Art-Pop-Punk wohlfühlt, nahmen die Mannen um die völlig durchgeknallte Frontfrau Karen O. mal eben das Zepter des Rock'n'Roll Königs in die Hand und zierten nicht nur einmal das Cover des britischen NME. Und das zu recht.
Selbst in voller Album-Länge überzeugen die YYYs und trotzen allen Widersachern, die sie als kurzen Single-Spaß abtaten. Wer mit nur fünf veröffentlichten Songs und keinem Bass die Welt auf den Kopf stellt, der muss noch etwas mehr auf dem Kasten haben. Haben sie - und nicht zu knapp. Mit den knackigen Punk-Krachern aus dem letzten Sommer ist das Debüt überraschenderweise nur stellenweise deckungsgleich.
Sicher kicken Songs wie "Rich" oder "Man" mit ihren kurzgebundenen Einfach-aber-genial Groovy-Riffs und Karens krankem explosivem Gesang in genau die bekannte und immer noch tipptopp rockende Ecke. Und ja, auch das dapdadabige "Pin" könnte man mit bösen Absichten als kleinen Abklatsch vom Über-Hit "Art Star" abstempeln – sollte man aber nicht, denn schon ein Song später geht es weg vom Erwarteten hin zum ausgefeilten Rocksong, der ohne Mitsing-Refrain auskommt.
Die YYYs klauen dabei die Laut/Leise-Konstruktion nicht nur einmal respektvoll von Sonic Youth – diese vordergründigen Bassläufe, der Übergang zum Krach und die Rückkehr zur sanften Melodie – und finden auch dieses Feeling, wie man den Song trotz Breaks nicht zerstört. Getragene Songs wie "Maps" und das wunderschöne "Y Control" mit weitläufigen Gitarren-Flächen und einer nicht geglaubten Sanftheit in der Stimme hätte man dem Trio so wohl nicht zugetraut.
Im letzten Track "Modern Romance" erinnert die monotone Gitarre und der leicht geflüsterte Gesang fast schon unverschämt an Velvet Underground und (!) Nico. Das Ende der Platte zeigt dann den interessanten und kantenlosen Weg vom Trash zum radiotauglichen Indie-Hit. Sollte der weiter so perfekt laufen und das unbestreitbar vorhandene Potential richtig ausgenutzt werden, kann sich diese Band zu einem der wichtigsten Rock-Acts der nächsten Jahre mausern. Kein Scherz.
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