laut.de-Kritik

Aller Anfang und Lärm ist Krach.

Review von

Simon Collins hat als Filius von Phil Collins zwar einen Namen und somit Startvorteil, muss aufgrund der Erfolge seines Vaters aber mit hohen Erwartungen zurechtkommen. Seine ersten Versuche in der Musikwelt Fuß zu fassen, fallen diametral zur Entwicklung seines Vaters aus. Der zeichnete mit Genesis bis Mitte der Siebziger für einige exquisite progressive Exponate verantwortlich, dann verkaufte er seine kreative Seele an den Pop.

Gemäß der Diktion seines Vaters ("In The Airplay Tonight") produziert Simon zunächst lupenreinen Pop. Die Verbundenheit mit der progressiven Vergangenheit seines Vaters zeigt sich mit seinem Projekt Sound Of Contact. Hier verbindet er 2013 Artrock und Sci Fi-Themen, was dem versierten Schlagzeuger einen Platz im Tourbus von Spock's Beard beschert. Sein viertes Soloalbum "Becoming Human" führt 2020 diese Perspektive weiter. Collins inszeniert sich als Solokünstler vergleichbar eines Steven Wilson.

Die Beschäftigung mit Sci Fi-Themen, die ihm eine gewisse Weltflucht erlauben, kulminieren im Bandprojekt eMolecule, das in der musikalischen Machart mehr wie "Alien" als wie "Odyssee Im Weltraum" wirkt. Seine interstellaren Reisen unternimmt Collins Jr. gemeinsam mit Kelly Nordström. Die Vocals sind häufig verfremdet, die Synthesizer kalt und schneidend, die Klangarchitektur tönt Industrial-like.

Das szenisch angelegte "Mastermind" funktioniert wie ein Score. Post Punk-Elemente wechseln mit harschen Riff-Monumenten, die wiederum in einzelnen Momenten von klassischen und zarten Passagen konterkariert werden.

Bei allem krachigen Klangverständnis sind sich Nordström und Collins nie zu schade, eine Melodie zu schreiben, die man pfeifen kann, nachzuhören an "Momenth Of Truth", "My You" und "Beyond Belief". Erstgenanntes besitzt einen Appendix, der den Weg zurück in die Krachmacherstraße ebnet. Aller Anfang und Ende ist Lärm.

Der Titeltrack "The Architect" beginnt vertrackt mit kantigen Riff-Einschüben, die in der Folge den Gesang grundieren und bisweilen ergänzen. Die Hook folgt der Diktion des Alternative Rock und versprüht den verfänglichen Biss einer Melodie aus dem Hause Biffy Clyro. Collins wirkt mittlerweile optisch und in Sachen Timbre wie eine Mischung aus Papa Phil und Peter Gabriel.

Der Opener gibt mit zehn Minuten Laufzeit ein Statement ab und trägt den Titel des Projektes. Stakkato-Drumming, noisige Gitarrenlicks preschen vor, bevor der hypnotische Gesangspart folgt, der nicht unähnlich der Melodiefindung eines Steven Wilson gestaltet ist. Im weiteren Verlauf verschachteln sich beide Parts und fächern sich im Wechsel wiederum auf.

"Dosed" weckt Erinnerungen an Grunge-Ikonen wie Soundgarden oder Alice In Chains, die die verdoomte Saat von Black Sabbath in ein fatalistisches Realitätskonzept übersetzt haben, was eMolecule wiederum in ihre Sci Fi-Perspektive einordnen.

Das Fremde nicht verteufeln, das Eigene nicht glorifizieren, gelingt dem Duo sehr gut. Den vielfältigen Genre-Mix setzt Daniel Bergstrand (Meshuggah, Dimmu Borgir, In Flames) klanglich gekonnt in Szene, so dass den bisweilen überfordernden Klangkonstruktionen und Song-Strukturen ein verlässliches Soundgewand geschneidert wird.

Trackliste

  1. 1. Emolecule
  2. 2. The Architect
  3. 3. Prison Planet
  4. 4. Mastermind
  5. 5. Dosed
  6. 6. The Turn
  7. 7. Awaken
  8. 8. Beyond Belief
  9. 9. The Universal
  10. 10. My You
  11. 11. Moment Of Truth

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