Porträt

laut.de-Biographie

Lustmord

Ein Mann der großen Gesten ist Brian Williams mit Sicherheit nicht. Viel lieber bleibt er unauffällig im Hintergrund und macht sein Ding. Sein Ding sind Töne und Geräusche, die ihm einen Spielplatz bieten und ihn zu einem einflussreichen Industrialmusiker der ersten Stunde machen. Neben seinem eigenen Projekt Lustmord arbeitet er mit den Label-Kollegen SPK ebenso wie mit Current 93, Nurse With Wound oder Chris And Cosey zusammen und führt nebenbei noch das Side Effekts Label, wo er außer Lustmord auch Graeme Revells Band SPK heraus bringt.

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Seine ersten Performances als Lustmord haben etwas von anarchistischer Bilderstürmerei. Brian Williams stürmt zwischen Vorband und Hauptact auf die Bühne und spielt drauf los, bis die Security das Zwischenspiel meist beendet. Derlei Aktionen bringen ihm schnell die Sympathie von notorischen Ruhestörern wie Throbbing Gristle oder SPK ein. Das selbstbetitelte, zum Klassiker aufgestiegene Debutalbum, auf dem auch John Balance von Coil und Nigel Ayers von den Nocturnal Emissions mitwirken, veröffentlicht Williams 1982 ebenso den Nachfolger "Paradise Disowned" bei Side Effekts. Zur Aufnahme der Platte zieht sich Williams in unterirdische Bauten zurück.

In der zweiten Hälfte der 80er widmet er sich den verschiedensten Projekten befreundeter Musiker und taucht im Line Up von David Tibets apokalyptischer Inkarnation Current 93 ebenso auf, wie bei Steven Stapeltons Dada-Avantgarde-Projekt Nurse With Wound oder dem Synthie-Duo von Chris And Cosey. Williams bringt hier vor allem seine Qualitäten als Tontechniker ein. Mitte der 90er folgt er dann dem Ruf seines alten Freundes aus Side Effekts-Tagen, Graeme Revell. Der lebt schon seit einiger Zeit als erfolgreicher Soundtrack-Komponist in Hollywood und sucht noch jemanden, dem er sein Soundarchiv anvertrauen kann und der ihm bei Projekten wie "From Dusk Till Dawn", "The Crow", "Spawn", "Street Fighter", "Teenage Mutant Ninja Turtles" oder "Blow" unter die Arme greift.

Darüber hinaus veröffentlicht Williams Platten, die meist im Dark Ambient-Bereich anzusiedeln sind und beim nordamerikanischen Soleilmoon Label heraus kommen. 1995 erscheint eine Kollaboration mit dem Space-Music-Pionier Robert Rich auf dessen Album "Stalker". Außerdem treibt Brian Williams unter den Pseudonymen Terror Against Terror, Arecibo und Isolrubin BK sein musikalisches Unwesen. Unter dem Alias Lustmord tritt er wieder vermehrt nach der Jahrtausendwende in Erscheinung. 2001 veröffentlicht er das Album "Metavoid". 2002 folgt mit "Zoetrope" ein erweiterter Soundtrack zum gleichnamigen psychologischen Horrorfilm aus dem Jahre 1999. Mit "Carbon/Core" kommt 2004 ein weiteres Soloalbum auf den Markt.

2004 treffen mit Lustmord und den Melvins zwei Krachmacher par excellence aufeinander und leben sich mit "Pigs Of The Roman Empire" über Albumlänge aus. Auf dem 2006 erscheinenden Live-Album "Lustmord Rising" kann man die erste Performance von Lustmord seit 25 Jahren hören. Aufgenommen wurde es im Center for Inquiry in Los Angeles im Juni 2006 mit Bekanntem aus verschiedenen Lustmord-Alben, neuem Material und Improvisationen.

2007 erscheint mit "Juggernaut" ein Album über die Plattenfirma Hydra Head Records, die Aaron Turner von der Post-Metal-Band Isis betreibt. Auf der Platte hört man King Buzzo von den Melvins als Sänger und Gitarristen. Mit "[Other]" folgt ein Jahr später ein weiteres Werk über Hydra Head Records, auf dem sowohl Turner als auch King Buzzo als Gastmusiker in Erscheinung treten. Das Album "Heretic" erscheint 2010 ausschließlich über iTunes. Ein Jahr später veröffentlicht Williams die Compilation "Songs Of Gods And Demons (Collected Works 1994-2007)", die Aufnahmen für Kinofilme, Videospiele und Fernsehshows enthält.

Lustmord - Much Unseen Is Also Here
Lustmord Much Unseen Is Also Here
Im dunklen Sound erkennt man den ein oder anderen Lichtstrahl.
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2013 erscheint über das Elektroniklabel Blackest Ever Black mit "The Word As Power" ein neues Studiowerk. Auf dem verbinden sich dunkle Soundscapes und die Stimmen Maynard James Keenans, für dessen Band Tool Williams in der Vergangenheit Remixe angefertigt hat, Jarboes, Aina Skinnes Olsens und Soriahs auf geheimnisvolle Art und Weise. Im gleichen Jahr und im Folgejahr veröffentlicht die Plattenfirma ant-zen mehrere Studioalben Lustmords wieder. 2013 kommt außerdem noch über das Label Vinyl-on-demand mit "Things That Were" ein 3-LP-Album auf den Markt, das Neuaufnahmen des Debüts, seltene Aufnahmen und bis dahin unveröffentlichtes Material zu bieten hat. Über die Jahre folgen noch Live-Alben und Remixe für andere Bands wie Black Lung.

Mit dem nächsten Studioalbum "Dark Matter" gibt der Musiker schließlich 2016 seinen Einstand auf dem Experimentallabel Touch. 2019 erscheint mit "First Reformed" der Soundtrack zum gleichnamigen Paul Schrader-Film aus dem Jahre 2017. 2020 veröffentlicht Lustmord mehrere Alben, darunter eine Kollaboration mit dem französischen Pianisten und Komponisten Nicolas Horvath namens "The Fall (Dennis Johnson's November Deconstructed)". Mit "Alter" folgt ein Jahr später ein weiteres Kollaborationswerk. Diesmal mit der in Schweden ansässigen Sängerin, Pianistin und Songwriterin Karin Park. Die Platte strahlt durch die mystische Stimme und das dunkle Orgelspiel Parks eine gewisse Schönheit aus, ohne das schaurige Lustmord-Momente zu kurz kommen. Der Abgrund, der wartet bei Brian Williams letzten Endes an jeder Ecke.

Davon kann man sich mit dem Horror-Videospiel "Scorn" auch visuell erneuet wieder ein Bild machen, für das Williams 2022 zusammen mit Aethek den finsteren Soundtrack liefert. Im selben Jahr erweisen auf "The Others (Lustmord Deconstructed)" Acts wie Ulver, Enslaved oder Godflesh dem Waliser die Ehre. Mit seinem nächsten Studioalbum "Much Unseen Is Also Here", das zwei Jahre später erscheint, führt er das Vermächtnis von "Heresy" wieder fort und knüpft an dessen spannenden Erzählbogen wieder an. Trotzdem machen sich seine Soundtrackarbeiten auf der Scheibe deutlich bemerkbar.

News

Alben

Lustmord & Karin Park - Alter: Album-Cover
  • Leserwertung: 3 Punkt
  • Redaktionswertung: 4 Punkte

2021 Alter

Kritik von Toni Hennig

Schaurig schöne Verschmelzung zweier musikalischer Welten. (0 Kommentare)

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