In Berlin demonstrierten Kulturschaffende, Promis wie Till Brönner, Carolin Kebekus oder die Beatsteaks fordern die Politik auf, endlich zu handeln.
Berlin (zoe) - Gestern sind in Berlin Tausende Menschen zur zweiten "Alarmstufe Rot"-Demo auf die Straße gegangen. Die Musik- und Veranstaltungsbranche mit ihren 1,5 Millionen Jobs wollte so auf ihre Situation aufmerksam machen. Im Gegensatz etwa zur Gastronomie wurden viele Musiker, Künstler, Schauspieler und deren Techniker in der Corona-Krise nicht von der Politik unterstützt.
Demo mit bekannten Gesichtern
Auch bekannte Gesichter wie Campino von den Toten Hosen, Beatsteaks-Frontmann Armin Teutoburg-Weiß, Bernhard Brink, Roland Kaiser und Komiker Dieter Hallervorden fanden sich gestern in Berlin ein, um vor allem den kleineren Künstlern und Soloselbstständigen zu helfen.
Die Forderungen der Kulturschaffenden an die Politiker sind: Größere Aufmerksamkeit und finanzielle Unterstützung. Das Motto der Demo lautete "Es ist 5 nach 12".
Till Brönner äußert sich zur Notlage
Im Vorfeld hatte sich der Jazzmusiker Till Brönner in einem Statement via Facebook zur Notlage der Branche geäußert: "Wir in der Veranstaltungs- und Kulturbranche sind noch immer zu leise, weil wir keine ernst zu nehmende Gewerkschaft haben. Und das rächt sich jetzt! Wer ist es, der der Politik stellvertretend im Nacken sitzt, wie der Lokführergewerkschafts-Boss Claus Weselsky der Deutschen Bahn - und das mit nur 9000 Mitgliedern".
Das zögerliche Vorgehen der Politik ist für Brönner unbegreiflich: "Was hier gerade passiert, verstößt gegen alles, was ich über Deutschland gelernt habe. Und wofür wir mit unserem demokratischen Selbstverständnis stehen. Liebe Politiker, lasst euch wählen, ja! Aber vergesst bitte nicht von wem! Das Land steht kulturell still! Und die Beweglichsten und Ehrlichsten tretet ihr gerade mit Füßen, wenn ihr nicht handelt. Kultur ist kein Luxus, sondern ein Menschenrecht – und spült – man höre und staune – Geld in die Kassen des Staates".
Till Brönner meldete sich außerdem in der gestrigen Ausgabe des ZDF Heute Journals zu Wort:"Man darf nicht vergessen, dass wir schon seit Februar komplett kalt gestellt sind".
Ein offener Brief an die Politik macht die Runde
Auf Facebook, Instagram und Co. veröffentlichten gestern viele große Namen der Kulturbranche wie Hugo Egon Balder, Carolin Kebekus, Atze Schröder, Bastian Pastewka, Die Ärzte, Felix Lobrecht, Donots, Hazel Brugger, Niedeckens BAP, 2Raumwohnung, Revolverheld und viele andere einen offenen Brief an Politiker wie Jens Spahn oder Peter Altmaier.
2 Kommentare mit 9 Antworten
Dieser Kommentar wurde vor 4 Jahren durch den Autor entfernt.
Im Kern richtig, aber auf mindestens 90% der Unterzeichner könnte ich kulturell gut verzichten. Das ist dann ein bisschen so, als ob Watzke warnend eine drohende Pleite der kleinen Vereine vorschiebt, um den eigenen Wirtschaftsbetrieb zu retten.
Dass Künstler generell stiefmütterlich und nicht als "echter Beruf" behandelt werden, siehe ALG1, ist natürlich ein Unding.
Kann mit dem Großteil auch nix anfangen. Aber besonders reich ist sicherlich kaum einer von denen. Als bloßer Musiker, Schauspieler etc. bekommt man ja auch im normalen Zustand nur einen lächerlich kleinen Teil vom Kuchen ab. Bekanntheit ist da weniger ein wichtiger Faktor.
Also von mir aus kann der Großteil der Mitverfasser und Unterzeichner aus der Öffentlichkeit verschwinden. Aber das heißt nicht, daß sie nicht überleben können sollen. Zumal auch jedem von ihnen bewußt sein dürfte, daß sie auf die Millionen angewiesen sind, die ihre Veranstaltungen überhaupt erst möglich machen.
Reich ist ja in heutigen Zeiten mehr denn je eine Frage des Blickwinkels Für mich ist "Dickes Haus, dicke Garage, 2 dicke teure SUVs und keine Geldsorgen" schon relativ reich... Und darunter fallen die wahrscheinlich alle. Die Hosen zb sogar eher unter Multimillionäre.
"2 dicke teure SUVs" + "relativ reich"
Wer als jetzt immer noch SUV Besitzer damit zum Ausdruck bringen will was für ein geiler Typ, angesichts der Schrankwand die er durch die überfüllten Innenstädte kutschiert, er/sie ist, leidet an Denkanämie, also eher arm.
Davon ab, das 90% der Unterhaltungskünstler bzw. der zu arbeitenden Leute drumherum aktuell kein bis kaum Geld verdienen, ist doch gewollt.
Mindestens 50-60 % dieser Leute müssen ab nächstes Jahr an die Schippe, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Einfach Niedriglohnsklaven seit 2 Jahrzehnten händeringend gesucht!
Die großen und bekannten Künstler haben aber am Ehesten noch die Bekanntheit, um die Aufmerksamkeit auf die Sorgen und Nöte der Branche zu lenken.
Ich denke, es sollte egal sein, wie man persönlich zu diesen steht, denn als erstes wird es die kleinen Bands, Clubs und DJs treffen, und vor allem jene, die im Hintergrund arbeiten, wie zB Bühnentechniker, Roadies, Beleuchter, Soundmischer, Caterer, Mercher usw. usf.
Ich find es teils verlogen. Den Vergleich mit Fußball und dem Kurzarbeitsgeschwafel für die Angestellten drumrum find ich passend, take it or leave it.
So wird öffentlich Druck und ein schlechtes Gewissen erzeugt, simpelste Rhetorik.
An die Schaufel werden so einige von uns müssen, aber vllt tut uns das mal ganz gut und erdet
Körperliche Arbeit darf ja nicht nur den Untermenschen in Clemens' Fleischbaracken vorbehalten bleiben.
An die Schippe ist von mir Sinnbildlich gemeint. Selbst habe ich nichts gegen körperliche Arbeit, sie sollte nur angemessen bezahlt sein und wenn es der Zerlegearbeiter aus Rumänien macht ist das auch nicht weiter schlimm. Das Schweineschnitzel vom Lidl oder Aldi würde ich ja kaufen, wenn ich wüsste die 9 Euro für 500g kommen beim Zerleger auch an. Aktuell sind gestern bekannt gegeben worden, 9,50 Mindestlohn und zugleich von Ex Arbeitministerin von der Leyen kritisiert worden als zu niedrig. Wir als EU können aber nix machen, da wir uns in deutsche innere Angelegenheiten nicht einmischen. Das ist bigot und zynisch zugleich. Das trifft auf die Unterhaltungsbranche noch mehr zu, da solch konserativen Sparzwangmarktregelnutten wahrscheinlich die Kultur ablehnen innerlich.
Dennoch find ich die Argumentation dünn, dass hiermit Kunst und Kultur ausstirbt. Um davon leben zu können, passt man sich ja oft an die Klientel an. Gerade die Unterzeichner sind da gute und sterbensöde Beispiele der Gefälligkeit. Kunst muss nicht gut ausproduziert sein oder in großen Hallen gegen Eintrittsgeld stattfinden.
Nicht vom sozialen Netz aufgefangen zu werden, also schon vor Corona klar benachteiligt gewesen zu sein, geht natürlich gar nicht. Allerdings ist dies ja (ohne es revidieren zu wollen) jedem im Voraus bekannt, der diesen Zweig einschlägt. Der Rest ist egozentrisches Gejammer wie in jeder Branche oder Lobbyarbeit momentan.
Körperlich zu arbeiten und dann nach der Krise irgendwann wieder ans Instrument, auf die Bühne oder vor die Kamera zu schreiten ist aber dennoch nicht verboten.
"dass hiermit Kunst und Kultur ausstirbt"
Das glaube ich auch nicht, nur ich weiß eben nicht wenn bis nächstes Jahr zuviele aufgeben müssen, was ist das dann für eine Kulturlandschaft?
Dazu kommt noch, in der jetzigen Krise liegt ja auch eine Chance, nämlich eine Not- Aufarbeitungskultur. Ob ich da so eine Lust drauf habe, dass uns die aktuelle Generation an Künstlern quasi was vom dritten Weltkrieg erzählt, ich weiß nicht?
Die reine "Fun Fun Fun Kultur" finde ich richtig das die mit Corona zurück gedränkt wird und auch nicht mehr aufsteht. Braucht kein Mensch.
gedrängt