laut.de-Biographie
40 Cal
Es gab Zeiten, da waren die Diplomats die angesagteste Rap-Posse mindestens New Yorks und höchstens der ganzen Welt. Ihr Trademark-Swagger fand Anklang bei der globalen Zuhörerschaft und motivierte angehende Rap-Talente zwischen Kyoto und Mönchengladbach dazu, Camron/Juelz/Capo-Texte zu übersetzen und einen auf Dipset-Klon zu machen.
Anno 2008 sind diese Zeiten vorbei. Die Crew ist zerstritten, New Yorker Rap hat an Relevanz verloren, die neuen Helden der Szene kommen aus dem Dirty South. Sprich: Es ist als Diplomat deutlich härter geworden, die Hörerschaft hinterm PC hervorzulocken. Besonders, wenn man wie Calvin Alan Byrd alias 40 Cal bis dato nur in der zweiten Reihe hinter den Dipset-Chefs auftritt.
In Harlem beginnt die Karriere des am 31. August 1981 geborenen Calvin Byrds. Rap ist dort omnipräsent. Mitte der Neunziger durchläuft Hip Hop aus dem Big Apple seine goldene Zeit und der jugendliche Calvin erntet den Respekt der Älteren durch sein loses Mundwerk und sein respektables Talent in den Strassencyphers jenseits der 125. Straße, nördlich des Central Parks.
Vorbilder liefert die Gegend genug. Allen voran fasziniert den heranwachsenden Calvin Big L, der mit seinen haarsträubenden Raps gerade schwer an seinem Ruhm arbeitet. Doch auch Camron, der mit Big L und (Murder) Mase gerade die Harlem-Supergroup Children Of The Corn gegründet hat, gefällt dem Jungtalent. In der Mischung aus Battle-Texten, technischem Anspruch und einer Prise Selbstbeweihräucherung findet sich Calvin wieder und orientiert sich sogleich selbst am so genannten Gun Rap. Die Schusswaffen-Referenz des Künstlernamens erklärt sich also von selbst. Außerdem steht 40 Cal für die Kurzform des eigenen Blocks an der 140. Straße in Harlem und dem Vornamen Calvin.
Von Harlems Straßen battlet sich 40 Cal hochmotiviert in die Fernsehstationen von MTV. Bei "Fight Klub", ursprünglich ein DVD-Format, das es jedoch wegen seines großen Erfolgs bis zu MTV schafft, treten die Freestyle-Talente des Landes gegeneinander an und werfen sich Publikumswirksam Bosheiten an den Kopf. 40 Cals Sieg über den Rapper Cardi ist der Höhepunkt der Pilot-Folge auf MTV - sein Name macht die Runde. Erfreulich geht es weiter: 40 Cal gewinnt acht Auseinandersetzungen in Folge und avanciert zum ersten Aushängeschild des inszenierten Freestyle-Wettkampfes. Es ist Zeit für den nächsten Karriere-Schritt.
40 Cals Talent bleibt auch seinem Nachbarn Camron nicht verborgen, der gerade mit seiner Crew The Diplomats über die Grenzen New Yorks hinaus auf Welle macht. Dipset-Mixtapes sind schwer angesagt und verkaufen sich wie geschnitten Brot. Mit "Diplomatic Immunity" feiern das Dipset-Camp und ihr Roc-A-Fella-Label große Erfolge, bei denen sie mit dem zweiten Teil der Reihe anschließen wollen.
Camron macht 40 Cal kurzerhand zum offiziellen Dipset-Repräsentanten, überreicht ihm Goldkette und Crew-Shirt und lädt den jungen Mann ein, sein Talent auf "Diplomatic Immunity Vol. 2" zu beweisen. Ein gleichnamiger Track ("40 Cal") liefert die Basis dafür und obwohl sich die Verkaufszahlen des Nachfolgers nicht mit dem Crew-Debüt messen können, hat 40 Cal seine Feuertaufe bestanden.
Doch es kommen harte Zeiten auf den Dipset-Clan zu. Im medial ausgeschlachteten Label-Tohuwabohu trennen sich die Wege von Dipset und Roc-A-Fella und die Herausgeworfenen gründen ihr eigenes Unternehmen mit Diplomat Records. Leider leiden unter dem wirtschaftlichen Wirbel auch die Beziehungen zwischen den Mitgliedern. Die Leithammel Jim Jones und Camron bekommen sich in die Haare, langsam aber sicher bröckelt der Einfluss der Diplomats in der Szene. Leidtragende sind natürlich in erster Linie die Dipset-Schergen aus der zweiten Reihe, die trotz stetigen Veröffentlichungen um ihre Aufmerksamkeit bei der Hörerschaft hart kämpfen müssen.
Auch 40 Cal reißt auf Major-Ebene wenig. Die Gründe sind vielfältig und hören auf Namen wie Babygrande Records, Koch Records und Cleopatra Music - sein Gang in die Indie-Knechtung hilft der Karriere aber wenig. Trotzdem ist Cal in der Lage, auf einem kleineren Level seine Tapes in respektablem Ausmaß zu verkaufen. Von dem Dipset-Hype, der noch vor wenigen Jahren herrschte, ist nur noch wenig zu spüren.
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