laut.de-Kritik
Die Suche nach dem Schattenplatz in der Sahara.
Review von Kai ButterweckDas Jahr 2011 wird Andrew Roachford als eines der arbeitsreichsten Jahre in Erinnerung bleiben. Nach der im Mai veröffentlichten EP "Where I Stand" sowie dem im August folgenden Livemittschnitt "Live From Schlachthof 1991" präsentiert der emsige Soul-Barde dieser Tage mit "Addictive" Studiooutput Nummer neun.
Für den Londoner, der sich zudem seit vergangenem Jahr bei Mike das Mikrofon mit Tim Howard teilt, geht es aber weniger um Quantität sondern vielmehr um Qualität. Warum und worauf soll man auch warten, wenn die Ideen sprudeln? Noch dazu, wenn sich diese als poppige Güteware entpuppen.
Dreizehn Mal geht es Roach primär um die Liebe. Last, Lust, Freude und Leid werden dabei in einen erdigen Pop-Rock-Sound gehüllt, dem Roachfords Soulorgan die nötige Prise Wohlfühlatmosphäre verleiht.
Auch wenn lyrisch bisweilen ziemlich ausgeteilt und gelitten wird, musikalisch tut der stämmige Sänger niemandem so richtig weh. Selbst ein rockiger Ausflug wie "The Doctor" hat hier eher den Charakter eines zünftigen Sit-Ins anstelle des wilden Treibens in einem versifften Proberaumkeller.
Die kantenlose Produktion tut ihr Übriges, und so bleiben zwar zahlreiche Soulpop-Perlen, denen es insgesamt ein wenig an Leben fehlt. Akustische Gitarren, dezente Drums, punktuell eingesetzte Pianoarrangements und Roachfords markante Stimme ergeben zwar ein homogenes Ganzes, gehen aber über das Niveau Fahrstuhlbeschallung selten hinaus.
Wenn auch Songs wie "Complicated", "I Get High" oder "The Only Love" mit eingängigen Hooks punkten, so bildet doch bezeichnenderweise der Bonustrack "Wishing U Knew" mit seinem nicht ganz so aalglatten Songwriting den Höhepunkt.
Wer nach gutem Soulpop sucht, der sich aber ideal als Hintergrundmusik eignet, ist hier richtig. Für Leute hingegen, die sich gerne auch mal an künstlerischen Ecken und Kanten reiben, kommt "Addictive" eher der Suche nach einem schattigen Platz in der Sahara gleich.
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