laut.de-Kritik

Die mediterrane Stimmung lädt zum Versinken ein.

Review von

2019 bescherte uns Sascha Ring alias Apparat mit "LP5" ein äußerst intimes Album, das er im Mai des selben Jahres in Berlin im akustischen Gewand vorstellte, was jedoch an einigen Stellen zu sehr in unnötige Virtuosität ausuferte. In diesem Jahr bringt der Wahl-Berliner eine Reihe an Theater- und Soundtrack-Arbeiten heraus. "Soundtracks: Capri-Revolution" markiert nun den Beginn.

Den Score überarbeitete und mixte er erst vor Kurzem gemeinsam mit Philipp Thimm neu. Die Originalpartitur entstand schon 2018 und bekam bei den Filmfestspielen in Venedig eine Trophäe für den besten Soundtrack. Der nahm in einer kleinen Hütte in Süditalien Gestalt an. Ebenso färbten gelegentliche Besuche am Film-Set atmosphärisch auf die einzelnen Tracks ab.

Schon mit dem Opener "Silia" kommt mit schwebenden Ambient-Flächen und elektroakustischen Komponenten eine abendlich-psychedelische Grundstimmung auf, die Erinnerungen an die Pink Floyd-Scores zu "More" und "Obscured By Clouds" Ende der Sechziger und Anfang der Siebziger hervorruft. Allerdings agiert der 41-jährige um Einiges verhaltener als die Briten, so dass man sich in die ruhige, milde und mediterrane Atmosphäre, die beim Entstehungsprozess vorherrschte, ziemlich gut hineinversetzen kann.

Dabei lockert er seine Musik gerne mal um akustische Komponenten auf, wobei sich die einzelnen Instrumente natürlich und authentisch in den Sound einfügen. Kein Ton wirkt zu viel. Besonders schön nachzuhören in "Paestrum Neruvola", wenn man inmitten gespenstischer Ambient-Töne melancholische Akustikgitarren-Akkorde vernimmt. Friedvoller mutet da schon "Harper Caprira" mit anmutigen Harfen-Klängen an.

Trotzdem bleibt die Stimmung recht geheimnisvoll und versunken, ebenso wie in den elektronischen Tracks Saschas. So lassen seine Soundflächen in "Neruvola" an gregorianische Gesänge denken. Gegen Ende gesellt sich noch progressive Elektronik im Tangerine Dream-Stil dazu. Zudem betont der er an einigen Stellen seine experimentellen Qualitäten als Producer, zum Beispiel wenn man in "La Gravidanza" zirpende Elektronik hört, über die sich tiefe Streicher legen. Diese spielen vor allem im letzten Drittel eine tragende Rolle, ergänzt um introvertierte Klavier-Töne.

Der Closer "Aracneae" bündelt schließlich sämtliche Qualitäten des Soundtracks. Das Stück entführt zu Beginn in eine spacige Ambient-Welt, wandelt sich dann zu einem elektroakustischen Track mit viel Meeresrauschen und filigranem Gesang Rings, nur um wenig später mit zaghaften Tönen in eine herzerwärmende Streicher-Passage überzugehen, so dass doch noch ein paar helle Lichtstrahlen durchscheinen. Zum Schluss ertönt das Streicher-Motiv noch einmal am Piano.

Letzten Endes erweist sich "Soundtracks: Capri-Revolution" als ein atmosphärisch überaus dichtes und homogenes Werk, zusammengehalten von einem speziellen italienischen Flair, in das man immer wieder gerne versinkt. Eine der gelungensten Arbeiten Apparats bisher.

Trackliste

  1. 1. Silia
  2. 2. Plidoh
  3. 3. Neruvola
  4. 4. Licidana
  5. 5. Silia Reprise
  6. 6. La Gravidanza
  7. 7. Harper Caprira
  8. 8. Electricity
  9. 9. EC Blip
  10. 10. Paestrum Neruvola
  11. 11. Reconcilliation
  12. 12. Goldkind
  13. 13. Aracneae

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