laut.de-Kritik
Multikultureller Jazz vom feinsten.
Review von Tobias LitterstWahre Schätze sind nicht leicht zu finden. Oft verstecken sie sich in geheimnisvollen Truhen, unübersichtlichen Plattensammlungen oder tief im Inneren eines Menschen. Die inwendige Welt des israelischen Bassisten, Sängers, Pianisten und Komponisten Avishai Cohen ist definitiv solch ein Hort kostbarer Fundstücke. Befördert er doch auf "Aurora" zwölf akustische Perlen ans Tageslicht, die den Hörer heillos verzaubern.
Feinfühlig und kenntnisreich greift das Allround-Talent die Musik seiner nahöstlichen Heimat auf und verwebt sie mit spanischen und amerikanischen Klängen. Daraus fertigt Cohen einen herrlich abwechslungsreichen Reigen jazziger Songs. In zehn dieser Stücke betätigt er sich erstmals als Sänger und beweist dabei großes Geschick. Mit warmer, voluminöser Stimme singt er von Freiheit, sich selbst und der Liebe.
Die Songtexte sind zwar in Englisch, Spanisch, Hebräisch und Ladino, der Sprache der sephardischen Juden, verfasst. Cohens Vortrag berührt jedoch auch ohne weitreichende Fremdsprachenkenntnisse. Die Soul-Sängerin Karen Malka unterstützt die Gesangs-Parts von Zeit zu Zeit mit sanften Background-Vocals.
Die Arrangements des Longplayers fallen ebenso bunt aus wie dessen Kompositionen. So huldigt das "Interlude In Cis Minor" dem Gospel und Blues und wartet mit allerlei Bläsern auf. "El Hatzipor" untermalt Cohens Gesang zu Beginn lediglich mit sanften Klavier-Akkorden und steigert sich zum Ende in einen hüpfenden Rhythmus, den lebendige Percussion-Einlagen unterstreichen.
In "Leolam" kommt die Oud, die nahöstliche Kurzhalslaute, bestens zum Zug. Amos Hoffman erfreut bereits am Anfang des Stückes mit einem virtuosen Solo, das ihm den Respekt sämtlicher Flamenco-Gitarristen einbringen sollte.
Allerdings genügt allein das Spiel Avishai Cohens, um den Hörer gebannt vor den Lautsprechern zu halten. Wahre Freude kommt auf, wenn er sich in "It's Been So Long" gemeinsam mit seiner Gesangs-Partnerin und dem elektronischen Bass auf die Spuren von Rock und Funk begibt. Ergriffen lauscht man "Alfonsina Y El Mar", das der frischgebackene Sänger solo intoniert. Dabei begleitet er sich selbst auf dem Kontrabass.
Durch alle Stücke zieht sich Cohens komplexe und doch stets greifbare Melodieführung. Unaufdringlich schleichen sich die Songs ins Langzeitgedächtnis. Dort entfalten sie ein nachhaltiges Wohlgefühl, weshalb ich den Cohen'schen Schatz in seiner ganzen Schönheit sehr oft genieße.
3 Kommentare
Ich liebe es
Schöne Review. Ich kenne Cohen nur als Bassisten von seiner tollen Live-Scheibe "As Is... Live at the Blue Note". Aber hier muss ich wohl auch mal reinhören.
Danke für den Tipp!
Dafür liebe ich Laut. Diese tollen CDs würde man so vielleicht nie entdecken. Ich werd mir das Teil besorgen und direkt geniessen. Auch ich bedanke mich für diesen tollen Jazz Tipp.