laut.de-Kritik
Sixties-Sound und Rammstein im Country-Format.
Review von Alexander CordasBeatplanet. Aha. Was hat man sich denn bitteschön darunter vorzustellen? Nach den ersten Takten des Openers "Komm Zu Mir" ist diese Frage beantwortet. Hier musizieren sich die Dam- und Herrschaften durch den musikalischen Fundus der frühen Sechziger. Die Combo strickt sich dafür eine fiktive Biografie um die "legendäre Gruppe" Beatplanet zusammen, die der Sage nach 1965 in der DDR dieses bahnbrechende Opus veröffentlicht haben soll. Hierbei handelt es sich jedoch um die Jungs von Sofaplanet, die sich mit Verstärkung dem Sixties-Pop ... äh tschuldigung ... Beat widmen.
Ein gewisser Heinz Skodowski schwärmt "Tun sie sich einen Gefallen: Kaufen sie diese Langspielplatte." Diesem Rat darf man durchaus Folge leisten, denn Beatplanet haben hübsch eingängige Songs im Gepäck. Eine nette LoFi-Produktion unterstützt den rückwärtsgewandten Blick auf den Pop. Dabei verkommt das Soundgerüst aber nicht zum Selbstzweck. Im Verbund mit den immer charmant vorgetragenen Kompositionen runden die Songs ein Gesamtkonzept ab, das Lust auf mehr macht.
Die Besinnung auf die tönende Vergangenheit des Arbeiter- und Bauernstaates kommt auch in den abgehandelten Themen zum Tragen. Da beschwören Beatplanet die Liebe der Kosmonauten, wo BRD-Pubertierende immer nur von Astronauten schwärmten. Dem sozialistischen Weltraumhelden Laika - dem ersten Lebewesen im All - das die Russen für den Fortschritt der Menschheit in den Kosmos schossen, setzen sie ein melancholisches Denkmal.
Wie heißt es so traurig-anrührend in "Laika - Ein Leben Für Den Fortschritt": "Oh oh oh, das Ende hat sich unbemerkt angebahnt. Dein Rückflug war leider nicht eingeplant." Und so verstarb die heldenhafte Hündin schon wenige Stunden nach dem Start an Stress und Überhitzung. Die Musiker leisten hier auch wichtige Aufklärungsarbeit, denn ihr tragischer Tod wird nur allzu oft verschwiegen, schnüff!
Den ultimativen Knüller hauen Beatplanet jedoch ganz zum Schluss raus, wenn sie Rammsteins Nekrophilie "Heirate Mich" im mit Country-Gitarren infizierten Klangkostüm zum Besten geben. Die Damen im Background-Chor trällern dabei so herrlich albern ("bamm bumm bimm"), dass man den Eindruck bekommen könnte, die Protagonisten des Songs befänden sich auf einer Nachtwanderung im Ferienlager und wären nicht dabei, Leichenschändung zu betreiben.
Alles andere als musische Leichenschändung betreiben Beatplanet mit ihrer Hommage an die Musik der Jugend ihrer Eltern (oder Großeltern?). Eine knappe dreiviertel Stunde dudeln sie sich durch nettesten Flower-Pop und beweisen ein absolut geschicktes Händchen bei der Umsetzung. Vielleicht weiß ja Herr Skodowski, ob die DDR-Legende noch weitere unveröffentlichte Songs eingespielt hat? Vielleicht sollte man einmal im Amiga-Fundus wühlen, da kommt sicher noch was zutage.
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