laut.de-Kritik
Anrührendes 60er Easy Folk Pop-Werk.
Review von Vicky ButscherBelle And Sebastian hören sich auf vielen Stücken an, als würden sie Can Can-tanzend durchs Studio hopsen. Und doch liegt über den meisten Songs ein melancholisch-trauriger Schleier. Gott sei Dank, war das letzte Soundtrack-Album doch komplett untanzbar und emotional eher eindimensional.
Stuart Murdochs Stimme schwankt auf "Dear Catasrophe Waitress" zwischen todtraurig, offen, entrückt, der Stimme eines Kastraten ("If She Wants Me") und der Nicos ("Lord Anthony"), einem Song, der überhaupt sehr nach Velvet Underground klingt. Immer stellt sie die perfekte Symbiose zu Musik und Stimmung des Stücks dar.
Das Glasgower Septett beherrscht einen perfekten Songaufbau, setzt die teils merkwürdig klingenden Instrumente punktuiert an die richtige Stelle. Es wagt sich an Stilrichtungen heran, die viele als lächerlich verachten würden - und die bei den meisten wohl auch lächerlich klängen. Die Songs der Schotten bauen auf 60er Easy Pop auf, ohne zu beiläufig zu werden. Ihre Stücke haben vielmehr eine angenehm melancholische Schwere.
Die teils sehr merkwürdigen Texte ("I'd rather be in Tokyo / I'd rather listen to Thin Lizzy (...) / There's something wrong with me / I'm a cuckoo") bleiben auf ihre eigene Art sehr poetisch. All das kriegen sie zu Stande, obwohl sie mit Trevor Horn als Produzenten und Arrangeur gearbeitet haben. Der hat in letzter Zeit mit der Produktion von Acts wie T.A.T.U. nicht unbedingt seinen Glanz aufpoliert.
Den Songs hat das nicht geschadet, im Gegenteil. Der Opener "Step Into My Office, Baby" ist einer dieser Songs, die den Hörer dazu animieren, mit einem Lächeln auf dem Gesicht zu tanzen. Der ungewöhnliche Rhythmus und die Dynamik des Songs sind eine Aufforderung. Schon hier greifen sie bei der Instrumentierung in die Vollen. Sowohl Streicher als auch Bläser dürfen immer wieder in den Vordergrund treten. Der Titelsong steht dem in nichts nach. Wie kleine, fröhliche Tropfen hüpfen die Streicher im Stakkato auf der Melodie.
Es wird pathetischer und ernster, doch nie erhalten die Stücke eine solche Schwere, dass sie den Hörer runterziehen könnten. Eher strahlen B&S mit zweistimmigem, leichtfüßigem Gesang. Stücke wie "Piazza New York Catcher" klingen nach Folk oder Traditionals. Doch auch hier kriegen die Sieben die Kurve und bleiben in ihrer Grundrichtung: Pop. Der Höhepunkt des Albums beginnt mit einer schwermütigen Klaviermelodie, um dann in ein fröhliches "If You Find Yourself Caught In Love" zu münden. Ein Meisterstück, das alle typischen Elemente, die Belle And Sebastian zu etwas so einzigartigem machen - vor allem den Gegensatz zwischen Geborgenheit und Verlorensein - in einem Song vereint.
Jeder einzelne Song kann begeistern, auch wenn das Album, im Gegensatz zu früheren Platten, sehr viel heterogener und offener ist. Mit "Dear Catastrophe Waitress" ist B&S eine sehr durchdachte und doch emotionale, anrührende Platte gelungen.
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