Porträt

laut.de-Biographie

Belle And Sebastian

"Belle Et Sebastien". Ein altes Kinderbuch von Madame Cecile Aubry. Besser bekannt als englische Comic-Fernsehverfilmung "Belle and Sebastian" aus den siebziger Jahren. Anscheinend mochten die Bandmitglieder die Story von Sebastian und seinem Hund Belle so gerne, dass sie sich danach benannten. Aber ein Name alleine reicht nicht aus, um die europäischen und amerikanischen Charts zu erklimmen. Also hier eine kleine Lehrstunde unter der Überschrift "Wie werde ich eine ernstzunehmende Band":

Vorchecking:: Arcade Fire, Soft Cell, Sigrid
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Außerdem neu am Freitag: Belle And Sebastian, Emeli Sandé, Roland Kaiser, Simple Plan, Halestorm, Alison Wonderland, Sabaton, Awolnation, Warpaint etc.
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Lektion Eins: Wie entsteht eine Band?

1996. Stuart Murdoch (Sänger und Songwriter) ist arbeitslos und verbringt seine Zeit in einem staatlich geförderten Musikkurs. In diesem sitzt auch Stuart David (Bass). Die beiden setzen sich zusammen und beginnen Songs zu schreiben. Die ersten Demos werden mit Gastmusikern aufgenommen. Doch man möchte eine organische Band werden. So geht man auf die Suche - und trifft in der Wohnung eines Bekannten einen Drummer (Richard Colburn). Er wird vom Fleck weg eingeladen, Bandmitglied zu werden. Mike Cooke (Trompete und Gitarre) wird bei einer Aufführung in der Uni gesichtet und man ist so begeistert, dass er gebeten wird, bei einem Stück mitzuspielen. Danach bleibt er einfach dabei.

Die anderen sieht Stuart in einem Glasgower Café. Er findet sie cool und fragt, ob sie in seiner Band mitspielen wollen. Wollen sie und schon bestehen Belle and Sebastian aus sieben Mitgliedern: Stevie Jackson spielt Gitarre und singt von Zeit zu Zeit, Isobel Campbell ist Cellistin und singt die Frauenparts, Chris Geddes spielt Keyboard und Klavier. Das achte Mitglied - Sarah Martin (Violine und Gesang) kommt etwas später dazu. Belle and Sebastian sind komplett.

Lektion Zwei: Wie wird man bekannt?

Alljährlich wird vom "Stow College Music Business" eine junge Band ausgewählt, die auf deren Kosten eine Single produzieren darf. 1996 sind Belle And Sebastian "the chosen ones". Da sie schon viel gutes Material haben, bekommen sie die Chance, ein ganzes Album herauszubringen. Die Originalversion von "Tigermilk" wird aufgenommen und 1000 LPs gepresst. Im August 1996 wird die Band vom Indie-Label "Jeepster" gesignt, gefolgt von der Veröffentlichung der LP "If You're Feeling Sinister" im November. Belle and Sebastian spielen in diesem Jahr noch zwei Radio 1-Sessions.

Noch fällt das Album bei den Hörern durch, doch die Presse hat das Potenzial der Schotten erkannt. Im folgenden Jahr schaffte es die Band jedoch, auch das Publikum für sich zu begeistern. Nachdem sie im Vorprogramm der Tindersticks gespielt haben bringen sie die drei "Sommer-EPs" raus. Die erste "Dog On Wheels" schafft es im Mai 1997 auf Platz 59 der britischen Single-Charts. "Lazy Line Painter Jane" steigt im Juli desselben Jahres auf Platz 41 in die Charts ein. Der Bann ist gebrochen und Belle And Sebastian auf dem Weg zu größerer Bekanntheit.

Belle And Sebastian - Late Developers
Belle And Sebastian Late Developers
Stuart Murdoch und Co. veröffentlichen ihr "ReLoad".
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Die LP "If You're Feeling Sinister" wird in diesem Sommer in Nordamerika veröffentlicht, der Chartsdurchbruch gelingt mit "3...6...9 Seconds Of Light". Die EP schnellt auf Platz 32 der britischen Charts, alles was in England über Platz 40 landet, wird als "Megaseller" gewertet.

Lektion Drei: Wie schafft man es, populär und gleichzeitig unbeliebt zu werden?

Und dann kommt "The Boy With The Arab Strab". Belle and Sebastian sind immer noch eine extrem fanorientierte und pressescheue Band. Trotzdem übersteigt der Erfolg des Albums alle anderen Veröffentlichungen der Band: Es steigt in die Charts auf Platz 12 ein und bricht die Herzen sowohl der Fans als auch der Kritiker.

Im Februar 1999 passiert das Unglaubliche: Belle And Sebastian, die erst seit knapp drei Jahren Platten veröffentlichen, werden bei den renommierten Brit Awards als "Best Newcomer" nominiert. Und sie gewinnen den Publikumspreis - gegen Megaseller-Teeniebands wie die Steps. Eben noch Nobodies, nun auf dem Titel der Sun. Grund: Man wittert einen Skandal. Belle And Sebastian-Fans sollen ein sogenanntes "block-voting" für die Band via Internet gestartet haben. Pop-Produzenten und Fans der Teenie-Band sind empört.

Doch die Geschichte verläuft im Sande und die Band konzentriert sich auf den Re-Release von "Tigermilk" im Juli. Den Rest des Jahres und die erste Hälfte des folgenden Jahres verbringen Belle and Sebastian im Studio, um ihr wohl bislang poppigstes Album "Fold Your Hands Child, You Walk Like A Peasant" aufzunehmen. Während der Arbeiten daran verlässt Bassist und Gründungsmitglied Stuard Davis die Band, um sich seiner Band Looper zu widmen. Als Nachfolger steigt Bob Kildea ein, der schon auf der Englandtour den Bass gespielt hat.

Kurz vor Veröffentlichung des Longplayers wird die EP "Legal Man" herausgebracht, die einfach jeden Menschen zum Tanzen bringen muss. Sie wird wieder ein Top 20-Hit. Auch das Album kann an den Erfolg anknüpfen: Es landet auf Platz Zehn der britischen Charts, ein Auftritt bei "Top Of The Pops" folgt.

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Lektion Vier: Was bedeutet der Untergrund?

Auftritt bei TOTP - nicht gerade ein Zeichen dafür, dass man eine Band noch als Underground-Act bezeichnen kann. Genau so steht es mit einem Platz unter den Top-100 in Amerika. Und doch zeigen Belle and Sebastian immer wieder, dass ihnen die Fans mehr am Herzen liegen, als die Pressearbeit. Sie kümmern sich nicht um populäre Song-Arrangements oder Bandstrukturen. Es wird so gemacht, wie es ihnen passt und nicht wie es sich gehört.

Eine eigenständige Band also, die sich nicht den Regeln des Marktes unterwirft und lieber ihr eigenes Ding durchzieht. So wurde nach dem großen Erfolg von "Fold Your Hands Child, ..." nicht erwartungsgemäß groß getourt oder gleich ein neues Album hinterher geworfen. Die einzelnen Bandmitglieder pflegten lieber ihre Sideprojects (The Gentle Waves, Snow Patrol, V-Twin und The Amphetameanies, zum Großteil auch auf Jeepster). Stuart Murdoch bewarb sich sogar um die Stelle als Rektor der Glasgower Uni.

Als im Juni 2001 die Single "Jonathan David" erscheint, ist Bassist Stuart David bereits ausgestiegen, weil er sich um sein eigenes Projekt Looper kümmern will. Für ihn kommt Bobby Kildea. Außerdem spielt die Band eine John-Peel-Session. Sind nun auch Belle And Sebastian in den Mühlen der Musikverwurstungsanlage gefangen?

Nein, denn sie sagen klipp und klar: "Wir werden zwar ein paar Interviews oder so machen, aber nur zu Plattenveröffentlichungen. Zwischendurch gibt es nichts." Das ist deutlich. Und außerdem ist zu viel unzerstörbarer, feenhafter Zauber in der Band. Sie scheinen ihren ganz eigenen Underground aufgebaut zu haben: Ihre Musik lässt vermuten, dass sie aus einem anderen, sanfteren und schöneren Land kommen. In dieses wird keine Medienmaffia der Welt je eindringen. Und die Band wird sich dort auch nicht davon verwirren lassen, dass die Erstauflage der "Tigermilk"-EP inzwischen ca. 400 Pfund wert ist.

2002 arbeiten sie am Soundtrack zum Film "Storytelling" von Todd Solondz. Auf der im selben Jahr folgenden US-Tour beendet Isobel Campbell ihre Zusammenarbeit mit der Band - die Sängerin und Cellistin nimmt in der Folge ein Soloalbum und Platten mit Mark Lanegan auf.

2003 melden sie sich mit dem Album "Dear Catastrophe Waitress" zurück, das ihren Stil leichtfüßig in Richtung Pop führt. Kein Wunder: Mit Trevor Horn ist eine Produzenten-Koryphäe der 80er am Start. Wem es vor dem Sound alter Horn-Klienten wie Frankie Goes To Hollywood oder den Pet Shop Boys graut, durfte sich über die bombastfreie Soundpolitur wundern.

Eher hätte man mit Horn einen aufgeladenen Albumsound wie auf "The Life Pursuit" assoziiert, das 2006 erscheint. Beck- und Air-Produzent Tony Hoffer lud nach Los Angeles und dementsprechend "sunny" und rockig klingen auch die Songs. Die altbekannte Melancholie ist zwar noch präsent, der Party-Grad aber spürbar angestiegen (etwa in der Single "Funny Little Frog"). Mit einem so warmen Soundbild hatte man bis dahin nicht gerechnet.

Zehn Jahre qualitativ hochwertige Platten aufzunehmen zahlt sich aus: Die Schotten steigen aus der üblichen Veröffentlichungsroutine aus und gehen die Sache langsamer an. Längst haben sie sich als Indie-Größe etabliert und spielen auf großen Festivals zu später Stunde. Im Sommer 2006 treten sie mit dem Los Angeles Philharmonic Orchester in der Hollywood Bowl auf, 2009 vertont Murdoch für "God Help The Girl" eine Art Musical mithilfe eines 45-köpfigen Orchesters, Fans freuen sich über alternative Versionen früherer "BBC Sessions", 2013 dreht Pitchfork TV eine einstündige Doku über die Schotten.

Weitere Studioalben ("Write About Love", "Girls In Peacetime Want To Dance") erscheinen in unregelmäßiger Folge und versetzen dem liebgewonnenen Stil immer wieder sanft neue Impulse. Dabei klingen Belle And Sebastian niemals verkrampft und lassen den Hörer zwischen Twee-Pop, Chic-Disco, Talking Heads-Percussion und Norah-Jones-Feature entspannt genießen.

Mit "How To Solve Our Human Problems" spannen die Schotten einen Bogen zur Vergangenheit, als sie nur Singles und EPs veröffentlichten. Was 2018 als Album vorliegt, setzt sich aus drei thematisch zueinander gehörigen EPs zusammen. Eben wie 1997, als die erwähnten EPs "Dog On Wheels", "Lazy Line Painter Jane" und "3..6..9 Seconds Of Light" das Fundament für ihre tolle Karriere legten.

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E-Werk, Köln, 2006 Die Schotten haben euch alle lieb!

Die Schotten haben euch alle lieb!, E-Werk, Köln, 2006 | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Die Schotten haben euch alle lieb!, E-Werk, Köln, 2006 | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Die Schotten haben euch alle lieb!, E-Werk, Köln, 2006 | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Die Schotten haben euch alle lieb!, E-Werk, Köln, 2006 | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig)

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