laut.de-Kritik

Dem größten Frauenversteher des Pop erliegt selbst Norah Jones.

Review von

Belle And Sebastian gehören zu dieser seltenen Spezies Bands, die einfach nichts falsch machen. Die Cover, die Songs, die Konzerte: Stuart Murdochs feine Antenne für Stil und Pop funktioniert auch auf "Write About Love" störungsfrei.

Beinahe ungläubig registriert man, dass es tatsächlich noch Neider und Ungläubige (neudeutsch: Hater) gibt, die entweder das Uraltargument bemühen, B&S-Songs seien kaum mehr als bessere Caféhaus-Beschallung, oder die schlicht nicht in der Lage sind, die ausgetüftelte Brillianz von Songs wie dem Eröffnungsstück "I Didn't See It Coming" zu erfassen.

Doch wie sagte meine Oma immer? Jedem Tierchen sein Plaisierchen. Belle And Sebastian belegen mit "Write About Love" jedenfalls mühelos ihre Ausnahmestellung im Indie-Popsektor. Anstatt nach dem zu Recht allerorts bejubelten "The Life Pursuit" von 2006 auszuticken und vorschnell wieder ins Studio zu hetzen, machten die Swinging Scots einfach so lange Pause, bis die Akkus wieder voll waren.

Auch hier können sich andere Bands gerne ein Beispiel nehmen. Dass Vordenker Murdoch seine Füße trotzdem nicht stillhalten konnte (und das entzückende Album "God Help The Girl" komponierte), sei hier nur am Rande bemerkt.

"Write About Love" klingt so zeitlos wie das Thema an sich. Im erwähnten Twee Pop-Juwel "I Didn't See It Coming" bleibt Murdoch zu Gunsten von Sarah Martin vorerst im Hintergrund, um sich dann beinahe unbemerkt vom Background-Gesang über die Bridge hin zum königlichen Zeilenabgang "Make me dance I want to surrender" in die vorderste Reihe zu schummeln.

Trotz Produzent Tony Hoffer, der schon das Vorgänger-Album überwachte, lässt die Band von dessen rhythmischen, bisweilen rockigen Ansätzen ab und arbeitete stattdessen mehr Synthesizer ins Soundbild ein. Doch selbst wenn sie plötzlich mit zwei Schlagzeugern ankämen, Belle And Sebastian-Songs würden am Ende immer noch unaffektiert und selbstgenügsam klingen.

Und mal ehrlich: Man liebt an den Schotten weniger das musikalische Experiment als ihre Qualität, immer wieder neue Killer-Refrains aus dem Hut zu zaubern. Bei den temporeichen Stücken fehlt diesmal zwar ein Mainstream-Hit à la "Funny Little Frog", aber das klassische "I Want The World To Stop" mit tollem Bläsersatz sollte einen adäquaten Ersatz darstellen.

Mit der Einladung der Schauspielerin Carey Mulligan (für den Vorzeige-60s-Albumtrack "Write About Love") und Norah Jones outet sich Murdoch endgültig zum größten Frauenversteher der Pop-Szene. Während Mulligan (die selbst als Covergirl in den B&S-Kanon gepasst hätte) die Sache mit dem Mikrofon weitaus besser macht als Scarlett Johannson, fügt sich Jones' Vogelzirpen zwar gut in das bedächtige "Little Lou, Ugly Jack, Prophet John" ein, der Song zieht im direkten Vergleich mit der Ballade "Calculating Bimbo" aber klar den Kürzeren.

Auch "The Ghost Of Rockschool" bleibt letztlich zu unscheinbar, doch mit dem orchestralen "I Can See Your Future" und der komplexen Orgelgitarrenhymne "Sunday's Pretty Icons" finden Murdoch und Co. zu einem schönen Abschluss.

Eingeweihte ergötzen sich derweil an der neuesten Illustration der schottischen Smiths-Vergötterung: Im Booklet findet sich die Fotografie eines Pärchens, das auf einer Wiese sitzend in Büchern von Keats und Yeats schmökert, eine Anspielung auf den Smiths-Song "Cemetry Gates". Ein stimmiges Bild: Auch Morrissey und Marr konnten zu ihrer aktiven Zeit nichts falsch machen.

Trackliste

  1. 1. I Didn't See It Coming
  2. 2. Come On Sister
  3. 3. Calculating Bimbo
  4. 4. I Want The World To Stop
  5. 5. Little Lou, Ugly Jack, Prophet John
  6. 6. Write About Love
  7. 7. I’m Not Living In The Real World
  8. 8. The Ghost of Rockschool
  9. 9. Read The Blessed Pages
  10. 10. I Can See Your Future
  11. 11. Sunday's Pretty Icons

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