laut.de-Kritik
An jeder Ecke lauert ein Nile Rodgers-Gedächtnisriff.
Review von Toni HennigInspiriert von seinen Aufenthalten auf Norderney produziert das Kölner DJ-Duo Blank & Jones jedes Jahr neue Tracks für seine Compilation-Reihe "Milchbar Seaside Season", zusätzlich ergänzt um Aufnahmen anderer Künstler. Die geht nun mit "Milchbar Seaside Season 12" in die zwölfte Runde.
Dabei haben Piet Blank und Jasper Jones wieder einmal den Anspruch, den Soundtrack für jeden Tag an der Milchbar zu liefern, aber auch gleichzeitig einen Tag an der Milchbar musikalisch festzuhalten, von ruhiger Morgenstimmung nach dem Aufstehen bis zum nächtlichen Ausklang vor dem Zubettgehen. In der Realität schürten jedoch die Zusammenstellungen höchstens eine leise Vorfreude auf den nächsten Strand-Urlaub, wenn überhaupt.
Jedenfalls beweist das Duo wieder einmal, dass es weiß, wie man auch wirklich jedes erdenkliche musikalische Sommer-Klischee bis zum Erbrechen ausschlachtet. So zu hören im Opener "Crosswinds", wenn chillige Gitarren-Töne und jazzige Einsprengsel auf ambiente Sound-Flächen treffen, um gen Sonnenaufgang zu streben. Das ändert sich auch im weiteren Verlauf kaum.
So leitet "High Fly" mit funkigen Tunes und einer hauchenden Frauenstimme so vorhersehbar in den Tag über, dass man sich gleich wieder im Bett verkriechen möchte. An jeder Ecke lauert nämlich das hundertmal durchgekaute Nile Rodgers-Gedächtnisriff. Das schweigt in diesem Stück noch, grätscht aber dafür im Enchanted Mix von Copenemas "Nada Mais" gleich zu Beginn rein. Dazu gibt es anschließend noch viel Geflöte und irgendetwas Balerarisches dazu, während man sich vorstellt, wie einem beim Strandspaziergang die Füße einschlafen.
Immerhin wissen die Tracks mit vordergründig weiblichem Gesang zu gefallen, was an ihrem ungezwungenen poppigen Charakter liegt. So bringt Sixtines "L'exactitude" etwas Laissez-faire-Attitüde ins Spiel, wenn sie zu leichtfüßigem French-Pop etwas ins Mikro säuselt, das später ein Serge Gainsbourg-Nachahmer erwidert. Auch die Stücke mit gesanglicher Begleitung der Kölner sorgen für angenehme Entspannung. In "One Evening" durchziehen schwüle Achtzigerjahre-Tunes und die helle Stimme Zoe Durrants. Der Cassara Summer Mix von "Feel Like Makin' Love" lockert dann die Compilation noch um warme Soul-Klänge auf.
Ansonsten erweisen sich das abgeschmackte Soft-Rock-Gedudel in Ambalas "Sergios Theme" oder die jazzigen Trompeten-Vibes in The Trumpet Mans "Sand And Senses" nicht als der Rede Wert. Etwas tänzerischer gestaltet sich dagegen "Vuela Alto" von Blank & Jones mit Latino-Rhythmik an der Gitarre und den Trommeln. Nur lädt das beschauliche Wohlfühl-Feeling, das über der gesamten Zusammenstellung schwebt, nicht unbedingt dazu ein, die Hüften kreisen zu lassen. Die narkotisierenden Ambient-Flächen Chris Cocos in "A Suitcase Full Of Stars", die zum Abschluss ertönen, dürfte man ohnehin nicht mehr mitbekommen, weil man sich schon längst im Reich der Träume befindet.
Somit taugt "Milchbar Seaside Season 12" im Grunde nicht mehr als zur beiläufigen und unauffälligen Hintergrund-Berieselung in einer Strand-Bar. Sonst verleiten die Töne auf dieser Compilation auch nicht gerade dazu, in Zeiten von Corona mit den Füßen im Wassereimer und Strohhalm im Ikea-Glas nach Wallpapers zu googeln, um ein wenig Urlaubs-Feeling in den eigenen vier Wänden zu haben.
5 Kommentare mit 7 Antworten
Kennste eine, kennste alle. Leider!
"One Evening" ist vor allem eine furchtbar lahme Coverversion, das Original von Feist ist besser und hätte hier besser raufgepasst.
Wenn auch arg klischeehaft, so ist die Compilation zumindest sauber produziert. Aber inzwischen leider ziemlich zuende erzählt.
Ganz ehrlich, auch so ne Musik hat seine Berechtigung. Kann mir das bei richtiger Stimmung und Beschäftigung gut geben, ich mochte auch die relax Scheiben von denen... Steckt zwar nicht viel dahinter, aber naja.
Kann manchmal garnicht fassen das solche fantasielosen Spießer auch noch ein Publikum finden. Sowohl die als auch ihre Fans sind für mich nichts als reale NPC's. Eindimensional, fade, uninspiriert aber mit dem Glauben das Leben verstanden zu haben.
Vor 2 Jahren war ich zum ersten Mal als Camper auf Norderney, damals mit meiner neuen Freundin. Es war dieser wunderbare Sommer und ich war unsterblich in die Insel, Milchbar-Sound und Freundin verliebt. Die Freundin ist weg, Insel und Musik sind geblieben. Manchmal darf Musik ruhig eindimensional sein, wenn die Erinnerungen toll sind. Ich freue mich jedes Jahr im Sommer auf musikalischen Nachschub.
Wenn Musik in einem Emotionen auslöst .. dass ist das Wunderbarste. Allein dafür hats eine Daseinsberechtigung. (Brechreiz gehört nicht dazu).
Es irritiert mich, wenn sich jemand Tony soprano nennt und dann so schreibt als wäre er Vito spatafore
Vito einer der besten Dudes der Serie
@Lora_Zepam Es sollte dich eher irritieren, dass Du dich nach einem Tranquilizer benennst und homophoben Scheiß von dir gibst!
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"Cream" ist Legende!