laut.de-Kritik
Neues von dem Mann, dessen Instrument die Stimme ist.
Review von Eberhard DoblerSieben Jahre Arbeit, über 1.400 Vocalspuren, in mehreren Sprachen von über 50 Vokalisten eingesungen, zusammen gedampft auf sieben Einzelstücke. Wüsste man es nicht besser, würde man derlei Aufwand kaum vermuten. Denn das musikalisch Anspruchsvolle klingt bei dem 60-jährigen Bobby McFerrin butterweich.
Der Sohn eines Opernsängerpaares, der heute als Gesangscoach um die Welt reist, legte einen weiten Weg zurück - von "Don't Worry, Be Happy" über Kurse bei Leonard Bernstein, seine Vocaltruppe Voicestra bis hin zu den Wiener Philharmonikern - und musste sich die Achtung der Leute vom ernsten Fach erst mal erkämpfen, wie er selbst berichtet.
Dabei macht der Mann, dessen Instrument die Stimme ist, doch alles richtig: Musik vermag es, unvergleichliche Gefühle auszulösen. Nicht nur das Handwerk zählt, die Emotionen, die es freisetzt, sind viel wichtiger. Um so größer die Freude, wenn der Improvisations-Spezialist beides zusammen bringt.
Gleichwohl war der Ansatz zunächst ein anderer: McFerrins Managerin engagierte den ausgebildeten Komponisten und Produzenten Roger Treece, der sich durch Bobbys Archiv hörte und im Laufe der Jahre die Stücke "durchkomponierte", die einen eigenständigen Crossover aus klassischer Chormusik mit World, Pop, Gospel oder Jazz-Einflüssen bilden.
Der klassiche Ansatz spiegelt sich auf "Vocabularies" in recht komplexen Trackstrukturen wider: Um diese Platte aufzunehmen, brauchte es mit Sicherheit Partituren. Der Groove ist hingegen der populären Seite geschuldet.
Denn die Stücke fassen zwar viele musikalische Einflüsse und Klangfarben zusammen, doch die afrikanischen Roots bilden die größte Klammer. Zudem flankiert das Duo die Stücke mit wohl dosierten Percussions respektive Rhythmusprogrammierungen: das smoothe "Say Ladeo" läuft etwa runter wie Öl.
Überhaupt stören zusätzliche Instrumente, etwa das Saxofon bei "Messages", nie die A-capella-Atmosphäre - schon eher beweisen diese im direkten Vergleich, dass die menschliche Stimme als gleichwertiger Klangerzeuger angesehen werden kann.
McFerrin versteht es auf "Vocabularies" vortrefflich, Kopf und Bauch in Einklang zu bringen, dieser Mann scheint zu jeder Zeit ganz bei sich zu sein. Und so bekommt die Platte auch noch eine spirituelle Ebene - ein hörbar ganzheitlich orientiertes Werk.
1 Kommentar
Worte können gar nicht beschreiben, wie großartig dieses Album ist!