laut.de-Kritik

R'n'B mit schwachem Sänger.

Review von

Bescheidenheit ist eine Zier. Eine, auf die Bobby Valentino, jüngstes Mitglied in Ludacris' Disturbing Tha Peace-Stall, allerdings nicht den allergrößten Wert zu legen scheint. Behauptet er doch, dem R'n'B eine "neue Dimension" zu verleihen und ihn dabei gleichzeitig "zu seinen Ursprüngen" zurück zu führen. Dabei stellt er sich mal eben in die Ahnenreihe R. Kelly - Luther Vandross - Barry White. Nichts gegen gesundes Selbstbewusstsein, aber um den großen alten Mann des Schlafzimmer-Soul zu beerben, braucht es schon ein bisschen mehr.

Wobei man zugeben muss: Bobby Valentinos Debüt bietet viel Schönes. Die Rückkehr zum aus Mista-Tagen bewährten Produzenten-Duo Tim Kelley / Bob Robinson erweist sich als exzellente Idee: Musikalisch präsentiert sich das Album außerordentlich gelungen. Voluminös dahin blubbernde Bässe und vielschichtige Instrumentals peppen ansonsten doch recht absehbare R'n'B-Nummern erheblich auf. Experimente und originelle Einfälle fehlen zwar völlig, was geboten wird, trägt dafür allerdings den Stempel soliden Handwerks.

So liefert der Single-Hit "Slow Down" neben der satten Basslinie clever eingesetzte Percussion, was ihn davor bewahrt, als Schmachtfetzen wie 1000 andere durchzugehen. Verschiedenste Instrumente, darunter Flöten-, Orgel- und Gitarrenklänge, werden stimmig zum Einsatz gebracht und zeugen von großer Musikalität der beteiligten Herren. Durch den Hintergrund von "Tell Me" weht gar ein Hauch 70er-Jahre-Disco, das macht Spaß.

Obwohl auf Gäste ansonsten verzichtet wird, darf Mentor Ludacris natürlich nicht fehlen: Er trägt eine Strophe zu "Give Me A Chance" bei, ein wenig Rap sorgt für Abwechslung, wenngleich die Annäherung Hip Hop - R'n'B natürlich auch keine ganz neue Erfindung mehr darstellt. Ebenfalls nicht neu: die ewig gleiche Herzschmerz-Thematik. Bobby Valentino schreckt vor keiner Phrase zurück: "My Angel" strotzt vor "forever", "never ever", "endless" und "til the end", "God put us together", "I'd die for you" - so viel Ewigkeit und Endgültigkeit in einem einzigen Song ist kaum auszuhalten, zumal der Kerl, dem ich solche Sprüche abnehmen würde, vermutlich auch erst noch gebacken werden muss. Oder (aus "Want To Know You"): "The only thing missing on your finger is a ring." "A riiihiiiihiiiiiing" in Wirklichkeit ... auweia. Starker Tobak.

Ganz abgesehen von den ausgelutschten Texten beeindruckt mich Bobby Valentinos Stimme wenig. In welcher Tradition er stehen möchte, ist deutlich zu hören: "Never Lonely" startet mit einer Einleitung, die einem Barry-White-Song entstammen könnte. Die ausgiebige Knödelei auf langgezogenen Vokalen (Belege hierfür, wohin man schaut: beispielsweise in "One Girl To Love" oder den bereits genannten "Never Lonely") ist aus dem Werk R. Kellys sattsam bekannt. Klar, Bobby Valentino kann singen - für eine Offenbarung halte ich den jungen Mann allerdings keineswegs. In "Love Dream" oder (stellenweise) "Lights Down Low" erreicht Valentinos Gesang wahrhaft schwindelnde Höhen, was zuweilen schon stark an den Nerven zerren kann.

Interessant und ein bisschen schade finde ich, dass ausgerechnet die Interludes am meisten hergeben. "Some Bobby" hätte sich problemlos zu einem kompletten Track ausbauen lassen, und im Outro "Thank You Lord" kommt mir die Gesangsstimme zum ersten Mal tatsächlich bemerkenswert vor. Was natürlich ein bisschen spät ist, am Ende eines Albums. Der nachgelagerte Bonus-Titel, ein Remix von "Slow Down", ist zu vernachlässigen, da er die Qualität des Originals in keiner Weise erreicht.

Insgesamt präsentiert Disturbing Tha Peace also eine musikalisch hochwertige Produktion mit einem eher durchschnittlichen Vokalisten und ganz und gar durchgenudelter Thematik. Ich für meinen Teil halte mich da eher an den Namensvetter Henry Valentino: "Im Wagen Vor Mir Fährt Ein Junges Mädchen" bewies in jedem Fall deutlich mehr Wortwitz.

Trackliste

  1. 1. Some Bobby
  2. 2. Slow Down
  3. 3. Give Me A Chance
  4. 4. Never Lonely
  5. 5. Mista Valentino (Interlude)
  6. 6. Tell Me
  7. 7. My Angel (Never Leave You)
  8. 8. Want You To Know Me
  9. 9. Gangsta Love
  10. 10. Come Touch Me
  11. 11. I'll Forgive You (Interlude)
  12. 12. I'll Forgive You
  13. 13. Love Dream
  14. 14. Lights Down Low
  15. 15. One Girl To Love
  16. 16. Thank You Lord (Outro)
  17. 17. Slow Down (Remix)

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