laut.de-Kritik
Religiöser Boy-Pop ohne Group.
Review von Christof KlausWie so viele ihrer Altersgenossinnen war die Schwester meiner Freundin als Teenager ein Riesen Backstreet-Boys-Fan. Brian Littrell, so erfuhr ich jüngst, war dabei ihr absoluter Liebling. Poster und Kissen mit seinem Konterfei schmückten damals ihr Jugendzimmer.
Im Gegensatz zu diesen längst ausgemusterten Accessoires existiert die Boygroup ja immer noch und feierte erst im letzten Jahr ihre Wiedervereinigung. Mit diesem Ereignis im Rücken, wagt sich Littrell nun – ein bisschen spät eigentlich - an sein Solodebüt.
Seit George Michael haben diesen großen und schwierigen Schritt in der Vergangenheit ja einige Ex-Boygroup-Sänger gemeistert, Robbie Williams ist sicherlich das prominenteste Beispiel. Noch viel mehr jedoch sind mit Pauken und Trompeten an den Hürden der Folgekarriere gescheitert und in der umbarmherzigen Versenkung des Pop-Business verschwunden.
Um einem derartigen Schicksal zu entgehen, geht Brian Littrell bei seinem Soloalbum auf Nummer sicher und besinnt sich auf den bewährten Schmusekurs. Er präsentiert sich als nachdenklicher, gereifter Anfang-Dreißiger, seine Zielgruppe stets im Visier. Musikalische Eskapaden bleiben aus.
Die Songs auf "Welcome Home" hat er sich auf den Leib geschrieben bzw. schreiben lassen: zahmer College-Rock, Balladen, eine Prise Gospel und ein Schuss Mainstream-Soul sind die Zutaten. Was man erwartet, bekommt man auch: braven und gefälligen Boy-Pop ohne Group.
Authentisch ist das auf jeden Fall, einen zweiten Justin Timberlake oder gar Robbie Williams würde man ihm sowieso nicht abnehmen. Denn textlich ist Littrell komplett anders unterwegs. Als gläubiger Baptist besingt er in den elf Songs seine Liebe zu Gott und pflegt damit sein ohnehin makelloses Schwiegersohn-Image.
Typisch amerikanisch ist das natürlich um einiges dicker aufgetragen als man das von Leuten wie etwa Xavier Naidoo kennt. "Jesus loves You" ist die Message. Es bleibt im Endeffekt ein nur halbherziger Versuch, sich von seiner Band zu emanzipieren.
Der Backstreet Boy betritt seinen Solopfad mit kurzweiligem, weichgespülten Pop im Engelsgewand ohne Ecken und Kanten. Ob Littrell wirklich das Zeug zu mehr hat? Ein großes Fragezeichen bleibt. "Aber das Sakko auf dem Cover sieht gut aus", meint jedenfalls der mir bekannte Ex-Fan.
Noch keine Kommentare