laut.de-Kritik

Wehmütiger Abschied der Ostrocker: Gut, dass es euch gab.

Review von

City starteten vor 50 Jahren im Ostberliner Prenzlauer Berg unter dem Namen City Band Berlin, erhielten 1978 für ihre LP "Am Fenster" in der Bundesrepublik Deutschland eine Goldene Schallplatte und sprachen auf dem Album "Casablanca" 1987 in der DDR tabuisierte Themen an. Nun gehen Toni Krahl & Co. in "Die Letzte Runde". Eine Konzertreise bis zum Jahresende sowie eine Bandbiografie namens "Einmal wissen, dieses bleibt für immer - CITY. Das Buch" runden eine lange Karriere ab.

Tragischerweise erlitten City vor eineinhalb Jahren einen schweren Verlust, als Schlagzeuger und Gründungsmitglied Klaus Selmke an Krebs verstarb. Gleichwohl waren die Berliner schon Jahre vor Selmkes Krankheit gezwungen, Roger Heinrich als Ersatz zu rekrutieren.

Nun ist es Zeit, der ostdeutschen Institution endgültig Adieu zu sagen. Beim Abschiedswerk handelt es sich um ein Doppelalbum, bestehend aus einer CD mit neuen Liedern und einer Best Of der etwa anderen Art: City-Kracher im neuen Gewand, aufgenommen mit den Berliner Symphonikern, ein Medley sowie zwei weiter neue Songs.

Den Anfang macht "Die Hymne (Come Together)", das mit stampfenden Ostrock-Rhythmen City-typischer kaum sein könnte. Textlich geht es darum, das Zusammengehörigkeitsgefühl der Fans zu stärken, gleichgültig, ob sie nun aus dem "Osten", dem "Westen", dem "Süden" oder dem "Norden" kommen.

Auch im weiteren Verlauf geht es, oftmals in Kombination mit schunkelnder Saitenarbeit und unverkennbaren Geigen, größtenteils mit stampfender Rhythmussektion zur Sache. Dabei streifen die Berliner auch mal schlagereske Gefilde wie bei "Tanz Mit Mir" oder "Ja, Ich Lebe" beweisen. Für Abwechslung sorgen hier und da auch andere Genres, etwa Folk-Rock oder Countryr. Lyrisch thematisiert die Band Träume, Sehnsüchte, Zwischenmenschliches und Gesellschaftskritisches.

Als Highlights kristallisieren sich das dank Orchester und Mitsing-Refrain an Subway To Sally erinnernde "Die Sonne Geht Auf", das sehnsüchtig dahin hintuckernde "Is' Soweit", das treibende Beziehungslied "Die Glorreichen Zwei" sowie das balladesk trippige "Du Hast Mich Berührt" heraus- Letzteres entstand in Koop mit Cellist Tobias Unterberg alias B. Deutung.

Außerdem geraten "Ticket Nach Athen" und "Apokalypso" für City-Verhältnisse ziemlich auffällig. Der erstgenannte Track untermalt das Thema einer einschlafenden Ehe mit griechischen Sirtaki-Sounds. Letztgenannter kommt mit einer Tanzanleitung. Ansonsten bieten die Ostrocker grundsolide Kost, die zwar etwas in die Tage gekommen klingt, Fans aber zufriedenstellen dürfte.

Etwas mehr Frische versprüht der zweite Rundling, auf dem zudem einige Gast*sängerinnen zu hören sind. Zu Beginn blicken City gemeinsam mit Dirk 'Maschine' Birr von den Puhdys und Dirk Michaelis in "Klarer Fall (Born In The GDR)" zu nach vorne rockenden Klängen auf ihre DDR-Wurzeln und die damaligen Erfolge. Die Neueinspielung von "z.B. Susann", für die Silly featuring AnNa R. verantwortlich zeichnen, fällt ebenfalls überaus rockig aus.

Am gelungensten erweist sich die Neuinterpretation des ebenfalls ursprünglich auf "Casablanca" befindlichen Stücks "Wand An Wand", für die sich Matthias Reim mit den Berliner Symphonikern zusammentat. Die Nummer, die auf das ehemals geteilte Berlin anspielt, bereichert der Schlagersänger im Zusammenspiel mit gefühlvollen Orchester-, Gitarren- und Mundharmonikatönen um warme Nuancen, ohne dabei die Melancholie des Originals aus den Augen zu verlieren. Danach gestalten City gemeinsam mit den Symphonikern "Am Fenster" im Vergleich zur Originalversion etwas schmissiger.

In "War Gut" trauern sie sich schließlich um ihren Freund Selmke, ziehen aber auch ein anerkennendes Fazit, wenn es zu Gitarre und weinenden Violinen heißt: "So war das aber nicht gedacht, mit stillem Abschied über Nacht. Und Blumen auf'm Grab. Kein Lachen und kein Trommeln mehr. Das Gras wächst und der See liegt leer. War gut, dass es dich gab." Am Ende blickt man wehmütig auf die schöne Zeit zurück, die man als Hörer mit City hatte. Gut, dass es euch gab.

Trackliste

  1. 1. Die Hymne (Come Together)
  2. 2. Tanz Mit Mir
  3. 3. Wir Haben Wind Gesät
  4. 4. Die Sonne Geht Auf
  5. 5. Is' Soweit
  6. 6. Ticket Nach Athen
  7. 7. Die Glorreichen Zwei
  8. 8. Apokalypso
  9. 9. Ja, Ich Lebe
  10. 10. Aus Der Ferne 2.0
  11. 11. Du Hast Mich Berührt
  12. 12. Nach Hause
  13. 13. Mit Offenen Armen
  14. 14. Klarer Fall (Born In The GDR)
  15. 15. Die erste Runde - Medley
  16. 16. Z.B. Susann
  17. 17. Glastraum
  18. 18. Gute Gründe
  19. 19. Casablanca
  20. 20. Wand An Wand
  21. 21. Am Fenster
  22. 22. Wir Haben Wind Gesät
  23. 23. Die Sonne Geht Auf
  24. 24. War Gut

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