laut.de-Biographie
Cloud Nothings
Teenage Angst und sonstige Entfremdungszustände kommen als Popthema vermutlich niemals aus der Mode. Wenn Cloud Nothings-Kopf Dylan Baldi sagt, "Alle meine Songs handeln von der Vergangenheit und vom Angepisstsein", entspricht das zunächst einem reichlich ausgerittenen Klischee. Wir denken an Emo- bis Indie-Rock und haben damit noch nicht einmal Unrecht.
Dennoch gibt es viel mehr zu sagen, zum Songwriter aus Cleveland in Ohio. Zum Beispiel, dass die Cloud Nothings anfangs nicht nur ein Ein-Mann-Projekt, sondern vor allem reiner Zeitvertreib sind. Während seines Saxofon-Studiums am College unterhält sich Dylan Baldi damit, im Keller seiner Lehrereltern mit der Software GarageBand Songs einzuspielen.
Weil sich der begeisterte Jazz-Freund und Multiinstrumentalist nicht auf ein Genre eingrenzen möchte, richtet er auf MySpace diverse Profile ein, auf die er unter verschiedenen Pseudonymen ganz unterschiedliche Musik stellt. Als das Minilabel Bridgetown Records aufmerksam wird und 2009 die Debüt-EP "Turning On" veröffentlicht, ist es um den Singer-Songwriter geschehen.
Nach dem Premierenkonzert im Vorprogramm von Real Estate in New York City muss eine Band her. Baldi rekrutiert Bassist TJ Duke, Drummer Jason Gerycz und den Zweitgitarristen Joe Boyer, um seine selbst eingespielten Instrumente live darbieten. Kurz darauf schreibt der gerade 18-Jährige seinen Eltern eine ausführliche Email und lässt verlauten, das Studium für die Rockmusik aufzugeben.
Mama und Papa zeigen sich verständnisvoll und freuen sich mit dem Sohn, der wenig später die Vertragsunterschrift beim Label Carpark (Beach House) verkünden darf. Dort wird "Turning On" als LP wiederveröffentlicht. Der nächste Wandel im Leben des AC/DC-Fans geschieht im Zuge des dritten Langspielers "Attack On Memory", als die Cloud Nothings nach dem Ausstieg von Boyer zur vollwertigen Band heranwachsen.
Aus der ehemaligen Live-Requisite erwächst eine Studio-Formation. Gemeinsam mit Produzentenlegende Steve Albini spielt der Dreier ein thrashiges, wütendes Gitarrenalbum ein, das dem vorherigen Power-Pop fristlos kündigt. An die Stelle melodischer Zweieinhalbminüter rücken die energischen LoFi-Aggressionen des Post-Hardcore und Emo.
Desweiteren verhelfen Geryczs und Dukes Grunge- und Noise-Rock-Neigungen sowie Baldis Entdeckung der einflussreichen 70er/80er-Punk-Rock-Combo Wipers den Cloud Nothings zum Ruhm. Das Pitchfork-Magazin verpasst ihnen den begehrten Stempel "Best New Music".
Vergleiche zu Tourbegleitern und Artgenossen wie Fucked Up und Wavves machen auch für den Nachfolger "Here And Nowhere Else" die Presserunde. Diesmal sitzt der Grammy-nominierte John Congleton (The Paper Chase) auf dem Produzentensessel. Für das poppige und zugängliche "Life Without Sound", das Anfang 2017 in die Läden kommt, gewinnt die Band John Goodmanson (Sleater Kinney, Death Cab For Cutie) für den Platz hinter den Reglern. Die Wut steckt auf der Platte im Detail.
Danach schließt sich mit Chris Brown (nicht zu verwechseln mit Chris Brown) ein weiterer Gitarrist der Formation an. Mit "Last Building Burning" besinnen sich Cloud Nothings rund eineinhalb Jahre später wieder auf ihre krachigen Noise-Rock-Tugenden.
Bei allen Erfolgen bleibt Baldi jedoch bescheiden. "Es ist mir unangenehm, über mich selbst zu reden", erklärt er. "Die Band ist eine Verlängerung meines Ichs auf sehr authentische Weise." Nach wie vor spiele man sämtliche Songs im One-Take-Verfahren ein. "Außerdem versuche ich mein Bestes, meine Lieblingsbands zu emulieren. Ich denke, das machen eigentlich fast alle Musiker – nur gibt es kaum jemand zu."
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