laut.de-Kritik
Fetenmix für die Erdbeer-Sekt-Party zu zweit
Review von Martin MengeleSpielst Du deine CD's auch nur vom Rechner ab? Dann sei vorgewarnt, falls Dir die neue Collective Soul in die Finger kommt. Da wird Dir nämlich gleich mal ein nettes Progrämmchen (inkl. DirectX !) auf die Windows-Kiste gepackt, das Dich hinaus ins Netz katapultiert um Dir den brandheißen Collective Soul WWW-Exclusiv-Track herunterzuladen. Gääähn, bei dem Traffic. O.K. man sollte sich an dieser Stelle nicht als Stiftung Warentest aufspielen, aber die Installation und die saubere Deinstallation von dem Multimedia-Quatsch kostete 10 Minuten. Ob das der Song wert ist? Wenn er sich im Rahmen dessen bewegt, was auf der Scheibe an reinem Audio vorhanden ist, sollte man dem Modembetrieb ein nettes Ortsgespräch mit Freunden vorziehen.
Zugegeben, was Collective Soul da abliefern, ist schwer massentauglich und streckenweise nicht mal langweilig. Man entdeckt immer feinere Nuancen bei öfterem Hinhören und manchmal kräuseln sich einem sogar die Nackenhaare. Igittigitt. Aber dann fühlt man sich irgendwie verarscht, von jedem gängigen Klischee vergewaltigt und in schleimig-klebrigem Gesülze gefangen (siehe CD-Cover). Mit lauter Süßigkeiten vollgestopft, greift man unweigerlich zur Spritze, aufgezogen mit einer kräftigen Over-"Dosage" Insulin (in Form von Motörheads "Orgasmatron"), um dem Überzucker Einhalt zu gebieten.
Aber die Collective Soul haben sich schon was bei ihren Stücken gedacht und die Stärken des Frontmanns Ed Roland liegen eindeutig beim Songwriting und Producing. Lustigen Effekten gegenüber sind sie auch nicht gerade verschlossen. Sie benutzen Wahwahs, spielen Pianosequenzen rückwärts über das Original und erzielen einen ziemlich schrägen Sound damit. Auch synthetische Anklänge findet man z.B. bei "Generate". Aber dem selbstverliebten Sound fehlt der gewisse Drive. Dieser scheint zwar beim Opener "Tremble For My Beloved" und bei "Slow" leicht durch, wird aber von tränigen Streichern wieder weggegeigt. Was kann man schon von einer Band erwarten, deren Inspiration das Greatest-Hits-Album von Elton John und das Electric Light Orchestra ist?
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