laut.de-Kritik
Auf der Obama-Welle gen Wandel.
Review von Alexander EngelenSchöne neue Hip Hop-Welt: Weil Kanye gerade viel zu beschäftigt damit ist, nicht zu erkennen, dass er nicht singen kann, muss Homie Common mit den Neptunes vorlieb nehmen. Er veröffentlicht sein selbsterklärtes Party-Album, das eigentlich für den Sommer geplant war, zum Weihnachtsgeschäft. Manchmal schafft es sogar das Rap-Genre die ausgetretenen Pfade aus Konventionen und Regeln zu verlassen.
Und das ist gut so. Denn: Ich persönlich hätte es Common tatsächlich krumm genommen, hätte er es sich einfach gemacht und nach "Be" und "Finding Forever" das dritte Mal in Folge den afrozentristischen Native Tongue mit erhobenem Zeigefinger und Antworten auf alle Fragen der Welt gemimt. (Das sage ich, ohne auch nur eine Sekunde daran zu zweifeln, dass die besagten Alben zu Recht auf dem ersten Platz meiner jeweiligen Jahrescharts sitzen.)
Wer es also noch nicht mitbekommen hat: Common feiert 2008 "Planet Rock"-Retrosause mit Pharrell im Star Trak-Raumschiff. Statt Batik-Klamotte ist jetzt BBC-Cardigan angesagt. Hollywood nimmt man derzeit durchtrainiert im Sturm. Statt Räucherstäbchen mit Erykah schwingt man Tennisschläger mit Serena. Nein, obwohl alles neu ist, klingt es diesmal nicht nach verstörter Suche nach dem Geist von Jimi Hendrix und Sergeant Pepper. (Auch das sage ich, ohne eine Sekunde daran zu zweifeln, dass besagtes "Electric Circus" zu Recht auf dem Spitzenplatz meiner Jahrescharts sitzt!)
Nochmal: "Universal Mind Control" war als lockeres Party-Album mit Sommer-Hymnen geplant (Arbeitstitel: "Invincible Summer"). Dahingehend hat es natürlich seinen Zweck verfehlt. Wer will denn bitte Mitte Dezember zu Cee-Lo-Hook und Pop-Groove durch die Graupelschauer tänzeln ("Make My Day")? Ganz offensichtlich Protagonist Lonnie Rashid Lynn, der sich im gleichen Atemzug, beim darauf folgenden "Sex 4 Suga" nicht zu schade ist, zum anzüglichen Softporno-Picknick zu laden. Da hat sich wohl in den letzten Jahren als rappender Gutmensch einiges aufgestaut. Jo, hom wir denn scho Samenstau, äh, Weihnachten?
Würde der Titeltrack nicht jenseits von Gut und Böse gleichermaßen B-Boys, Gangbanger und eure Mütter auf die Tanzfläche treiben, hätten wir vor lauter gewollt explizitem Gesabbel tatsächlich ein Problem. Aber wie Pharrell hier die Bongo-Trommeln durch extraterrestrischen Raum und Zeit treibt, das hat es seit der Soulsonic Force nicht mehr gegeben. Könnte bitte jemand Bambaataa Bescheid geben, dass jetzt jemand ganz offiziell seinen Scheiß verstanden hat?
"Universal Mind Control" bleibt jedoch die Ausnahme. Der Rest aus der Neptuneschen Fließbandproduktion lässt sich weit weniger sehen beziehungsweise tanzen. "Anouncement" reiht, wie man das von durchschnittlich guten Neptunes-Beats kennt, die Rosinen aus dem Logic-Baukasten aneinander. Ähnlich bei "Gladiator", wobei hier Drums und Spannung - ganz dem Titel Respekt zollend - ordentlich gesteigert werden. Erwähnte ich bereits, dass Common offensichtlich nicht vorhat, sein neues Album seinen Eltern vorzuspielen? Zitat: "Say are you a philosopher? / Yeah, I'll philosopha on top of ya!" Oha, was Papa dazu wohl sagen wird?
Apropos: Papa Common sagt diesmal gar nichts. Leider. Denn waren die Worte des Seniors bis dato am Ende jedes Common-Albums eine philosophische Großtat, verzichtet die Familienbande bei der spätsommerlichen Partysause auf bewegende Schlussworte und macht somit mehr als offiziell, dass "Universal Mind Control" tatsächlich den Common zeigen soll, den man eben nicht kennt.
Für eingefleischte Fans ist das sicher eine Enttäuschung. Insbesondere weil Common immer ein Garant für Alben war, von denen man als Hörer lange zehren konnte. Das vorliegende Material spricht da eine andere Sprache. Zu Gute halten kann man den mittlerweile 36-Jährigen natürlich, dass er trotz ungewohnten Terrains keine schlechte Figur macht. Funk-Arschwackler mit It-Girl-Ehemann Chester French ("What A World")? Hipster-Hymne mit Klischee-Basslauf und Martina Topley-Bird ("Everyhwere")? Das kann den Einkauf einer neuen Röhrenjeans und Vintage-Chucks schon mal versüßen.
Den Heile Welt-Song konnte sich Common aber doch nicht verkneifen: "Change" schwimmt auf Kinderpfeifen und Frühlingsorchester in Dur - wie könnte es anders sein - auf der Obama-Welle gen Wandel und lässt dank gehaltvolleren Lyrics hoffen, dass Common doch immer noch der Alte ist und auf seinem bereits angekündigten Nachfolgewerk wieder die Hollywood-Attitüde gegen den afrozentristischen Native Tongue mit erhobenem Zeigefinger tauscht. Böse wäre ich ihm nicht.
18 Kommentare
Schön geschrieben, unterschrieben.
Klasse Review, on Point.
Von mir gibt's trotzdem 4/5 Sternen!
Ich habs gestern zum ersten Mal gehört und war auch erstmal im Zweifel ob ich vielleicht das Album vertauscht hatte. Aber dass Common normalerweise was anderes macht kann man ihm ja wohl kaum vorwerfen. Ein gutes Album ist es auf jeden Fall.
Alla, ich finde das album übertrieben und ich finde, dass ist echter, und vorallem sehr zeitgemäßer rap man!
Ohne immer diese spacken dudes ,die die ersten alben diggn und dann wird jmd erfolgreicher und er is whack, zu verurteilen:
Jungens springt über euren schatten, was "kommerz" is oder berühmt bzw populär(geworden) ist, ist nicht gleich schlecht!
Versucht euch darauf auch mal einzulassen, um festzustellen das es sich hiierbei ,wenn auch seltener, um sehr gute musik handeln kann!(hört mal laas unltd.´s "nein wir kenn dich nicht", dieses lied spricht mir aus der seele )
Für euch dudes tut es mir leid, dass musik sich weiterentwickelt- dass is ja wirklich schlimm- wäre es doch so schön, würden die fuggees noch im radio sein und nicht dieser lil wayne!
Busta Rhymes und jay-z sind ja auch alle nicht mehr was sie waren
ich mein das nicht böse und es ist auch keine frage, dass die 90er und der anfang der 2000er gandios waren, was hip hop angeht, aber ich glaube, man sollte mehr versuchen, sich auf neues einzulassen. Man muss ja nicht florida toll finden (mag ich nun auch überhaupt nicht) , aber wenn ihr z.b. blackout 2 hört, denkt nicht "ach du scheisse das is ja autotune" sondern freut euch, dass 2 hammer rapper sich teilwiese weiterentwickelt haben und einfach ein hammer album hingelget haben, was sich nicht vor dem ersten verstecken muss!
Zum Album:
ich liebe die beats!
Das ist hip hop wie er jetzt klingen sollte.
Common ist ein unglaublich talentierter und auch vielseitiger rapper, der endlich den ihm gebührenden erfolg bekommt und dabei nie stehen bleibt!
---Großartig---
c cya[color=red:c4dfc4ffbe][/color:c4dfc4ffbe][size=16:c4dfc4ffbe][/size:c4dfc4ffbe][color=red:c4dfc4ffbe][/color:c4dfc4ffbe][color=red:c4dfc4ffbe][/color:c4dfc4ffbe]
Oje, das Album ist leider bisher völlig an mir vorbeigegangen. Sollte ich vielleicht mal reinhören...
4 Jahre später frage ich mich, wie dieser Ausrutscher bei der Leserwertung auf die volle Punktzahl kommt. Vielleicht das schwächste Common-Album seit... "Can I borrow a dollar?", 2/5.