laut.de-Kritik
Zwischen Bummsbeat und egalem Deep House.
Review von Toni HennigDJ Herzbeat landete vergangenes Jahr wie aus dem Nichts mit einer deutschsprachigen Clubversion des Earth & Fire-Songs "Weekend (feat. SARAH)" einen erfolgreichen Schlager-Hit mit Deep House- und Electro-Versatzstücken. Auch Sarah Lombardi, die sich mittlerweile nur noch SARAH nennt, war beteiligt. Es folgten zwei weitere Singleauskopplungen des Berliners, die Axel Fischer und Sonia Liebing sangen. Nun erscheint mit "Dancefieber" das Debütalbum des Mittdreißigers, der eigentlich Christoph Breier heißt.
Besagtes "Weekend (feat. SARAH)" eröffnet die Platte. Musikalisch gestaltet sich die Version nicht unbedingt spannender als die allermeisten Techno- und Electro-Adaptationen des Songs, betont DJ Herzbeat doch den eingängigen Refrain, den ein klassischer 4/4-Bummsbeat und laute Autoscooter-Synthies durchziehen. Dennoch gibt SARAH als Schlager-Sängerin mit leidenschaftlicher Lebensfreude eine gar nicht mal so schlechte Figur ab.
Das lässt sich von den zahlreichen weiteren Gästen nicht unbedingt behaupten, obwohl sich Sonia Liebing und Axel Fischer gesanglich noch einigermaßen handwerklich angemessen durch die folgenden Singleauskopplungen schlagen. Wiedererkennungswert und Charisma tendieren gleichwohl gegen null. Spätestens dann, wenn das dünne und penetrante Organ der Ballermann-Sängerin Frenzy in "Ich Will Liebe (feat. Frenzy)" durch die Lautsprecher schallt, dürfte jegliche Schmerz- und Fremdschamgrenze überschritten sein. Dazu heißt es passend: "Im Universum gibts 'nen Knall".
Dennoch schafft es die "Berlin – Tag & Nacht"-Schauspielerin Nathalie BW in "Du Bist Schön (feat. Nathalie BW)", das Niveau noch weiter zu senken: Wenn man ihre windschiefen Gesangs-Kapriolen über sich ergehen lässt, erachtet man die Schunkel-Volksmusik-Einlage von voXXclub im Titelstück sowie die von der Schwedin Julia Lindholm gesungene Deep House-Verschandelung von Moti Specials "Cold Days, Hot Nights" ("Cold Days Hot Nights - Es Ist DJ Herzbeat-Zeit (feat. Julia Lindholm)") als nicht mehr ganz so schlimm. Dagegen erweist sich das Organ einer Stéphanie von Monaco oder einer Dita Von Teese noch wie ein Wellness-Programm für die Ohren.
Irgendwo zwischen Ballermann, Musikantenstadl, Trash-TV und Deep House-Party pendelt sich das Machwerk auch im weiteren Verlauf ein, das in Zusammenarbeit mit dem Produzentenduo Madizin (Helene Fischer, Vanessa Mai) entstanden ist. So halten die Stücke, die ausnahmslos unmittelbar auf eine mitsingbare Hook zielen, entweder ein mit Synthie-Effekten überladener Bummsbeat oder ein austauschbarer Deep House-Tunes mit unauffälligem Piano-Geklimper zusammen. Dabei schwankt die Qualität der Gesangsbeiträge weiterhin zwischen egal und absolut unerträglich.
Textlich kommt, wenn es nicht gerade ums Tanzen oder um Selbstakzeptanz geht, immer "irgendwas mit Liebe" vor. Dabei ist es völlig gleichgültig, ob in einer Beziehung nach langer Zeit das Feuer allmählich erlischt oder man das Objekt der Begierde erst kennengelernt hat: Am Ende herrscht Friede, Freude, Eierkuchen. Da ziehen Kaleds Absage an das "ganze Bling-Bling" in "Bussi (feat. Kaled)" und Drag Queen Nina Queer in "OMG (feat. Nina Queer)" den Karren auch nicht mehr aus dem Dreck.
Demzufolge wäre es für die Schonung der Geschmacksnerven besser gewesen, wenn es DJ Herzbeat bei der gemeinsamen Nummer mit SARAH belassen hätte. Die meisten Tracks lassen sich nicht mal mehr mit "sieben koite Bier" schön trinken, wie es uns voXXclub weismachen wollen.
13 Kommentare mit 49 Antworten
Wie scheiße kann man eigentlich sein?
Was ein peinlicher Dude - alleine schon für Künstlernamen und Albumtitel 1/5 ungehört.
Okay, kurz mal in den Song mit der dumme SARAH reingehört...Schande, my man! Dann lieber Robin Schulz...
Nur Genrefremde haten das!
Als hätte jemand dem lieben Gott gesagt: "Bau mal einen Menschen, der als hipper, Schlager DJ Onkel durchgeht. Mit Tatoos, aber nicht zu wild, eher so schön bunt."
Richtiger Retortenmann.
Ich frage mich immer, wer die Menschen sind, die für diese Art Musik bezahlen. Das ist wie mit Einhörnern, man hat davon gehört, aber noch nie eins gesehen. Ansonsten auf so viele verschiedene Arten peinlich, dass seine Werbung auf Pro7 laufen müsste... ist für jeden Musiker das offizielle Etikett für wack.
Das sind Menschen, die sich in erster Linie nach Geborgenheit und Oberflächlichkeit sehnen, um sich nicht mit den Tiefen des Lebens und dem Tod beschäftigen zu müssen. Im Grunde ist es ja nachvollziehbar, doch holt es jeden irgendwann ein. Dieses Besudeln ist daher wie eine Art zulassungsfreie Therapie für jedermann, um mit der Sinnlosigkeit des Lebens zurechtzukommen bzw. sie zu verdrängen. Darüber hinaus bildet es einen geeigneten Soundtrack zu den eigenen Gelüsten ab - dem Discogebumse bzw. der Melodiesierung der Fortpflanzung. Letztendlich ist auch dies nur ein Verdrängungsmechanismus.
Sehr gut beobachtet und alles Essenzielle dazu in ein paar Sätzen abgehandelt. Respekt!
Nur das mit der Sinnlosigkeit des Lebens liegt im Auge des Betrachters.
Früher war ich immer etwas neidisch auf Konsumenten solcher von Musik, weil ich dachte, sie wären fortwährend glücklich in ihrer Traumwelt bestehend aus kollektiver Liebe und standardisierten Schönheitsidealen. Aber dann habe ich so jemanden kennengelernt ...
Liebe bitte durch "irgendwas mit Liebe" ersetzen.
Das ist für Menschen die Ihrem Auto Namen geben, weil es knuffig ist und neu gekauft wurde zu 96 Monatsraten. Aber die 5 € für den Knuffi Aufkleber am Kofferraum waren dennoch drin. Das ist Glück.
"Das sind Menschen, die sich in erster Linie nach Geborgenheit und Oberflächlichkeit sehnen, um sich nicht mit den Tiefen des Lebens und dem Tod beschäftigen zu müssen"
So ein Blödsinn. Ich kenne genug kluge Leute, die Clubmusik und Schlager hören und willst du behaupten, dass das alles dumme und oberflächliche Menschen sind?
Das macht sie nicht dumm und oberflächlich. Das macht aber ihre Erwartungen an Kunst oberflächlich. Oberflächliche Kunst kann nur oberflächliche Erwartungen erfüllen.
Ich halte 7Korns Argumentation für zu simpel. Andererseits bin ich kein Kulturwissenschaftler. Intuitiv würde ich Menschen aber mehr zutrauen als ne simplifizierte "Ich will dem Ernst der Welt entkommen"-Haltung.
Mir ging es jetzt konkret um Schlager. Daher nochmal die definitive Antwort diesbezüglich an Fikto: Ja, ich will.
Gebildet heißt nicht automatisch klug und geschmackssicher schonmal gar nicht.
Und ihr legt fest, dass DJ Herzbeat oberflächliche Musik macht oder was? Bei Musik gehts in erster Linie darum, Spaß zu haben. Ihr könnt in eurer winzigen Gedankenwelt doch gar nicht beweisen, was oberflächliche Musik ist oder das Herzbeat oberflächliche Musik macht. Ihr wollt euch nur über andere erheben und redet euch ein, die richtige Musik zu hören.
"Bei Musik gehts in erster Linie darum, Spaß zu haben."
Das mit dem Erheben ist so eine Sache. Meistens ist das ja den "Normalen" vorbehalten. Jetzt ist die Frage, wer zu welcher Seite gehört
Ist das die deutsche Antwort auf David Guetta?