laut.de-Kritik

Trauriges Abziehbild eines Indie-Geeks.

Review von

Mal wieder liegt eine Platte auf dem Tisch, auf dem das Antlitz dieses lockigen, noch jungen Mannes mit Oberlippenbart abgebildet ist. Das war bei Darwin Deez schon öfter so, ob auf dem selbstbetitelten Debüt im Jahr 2010 oder auf dem Nachfolger im Jahr 2013. Vom Cover der neuerlichen, vierten Platte schaut er schon wieder so, halb nachdenklich, halb traurig, den Blick weit in die Ferne gerichtet. Als gäbe es dort irgendetwas zu sehen.

Um das in Zusammenhang mit Deez' künstlerischem Dasein zu setzen: Nein, dort gibt es wohl nichts zu sehen. Deutete bereits "Double Down" an, dass die Musik des Wahl-New Yorkers eher vom im Hype-Jahr 2010 erspielten Charme statt von neuen Ideen lebt, stellt nun "10 Songs That Happened When You Left Me With My Stupid Heart" klar, dass Darwin Deez wohl ewig sein Unwesen als immer wiederkehrender Indie-Untoter treiben wird.

Das bedeutet nicht, dass die neuen zehn Songs durchweg schlecht gemacht wären – hier und da gibt es natürlich ganz nette Momente. Blöd an der Sache ist eben nur, dass das Album aus sich selbst heraus absolut keine Argumente für sich hervorbringt. Warum sollte jemand genau diese Deez-Platte hören, wenn das hier nur der zusammengekratzte Rest, das neu Aufgekochte von den Alben zuvor zu sein scheint?

Grundsätzlich rücken Deez und seine Band den Sound des Albums wieder mehr in Richtung Debüt. Akustische Drums machen fast durchgehend Platz für programmierte Beats, die einerseits Hip Hop-mäßig dick auftragen, dann wieder rauschen und klackern wie Mouse On Mars in den 90ern. Die Produktion wirkt trotzdem relativ dünn, lässt die Songs leer erscheinen – was potenziell neue Räume für Melodien und Gesang schaffen könnte. Leider fallen erstere meist viel zu schnell zusammen und beim Gesang stören vor allem die Texte.

Im Jahr 2010 konnte man dieser Art zu texten vielleicht noch eine erfrischende Naivität abgewinnen. Inzwischen nervt die Themenwelt von Deez nur noch, weil diese sich seit jeher auf unerfüllte Liebeswünsche konzentriert. Da klagt er dann, der moderne Minnesänger: Er selbst als das lyrische Ich, das eine meist als weiblich identifizierbare Person anspricht, anhimmelt, anfleht, dass es doch hoffentlich bald irgendwie geht mit der gemeinsamen Liebe. Oder dass man es eben sein lassen muss, weil das bei so viel "pain" und so weiter ja dann fast nicht auszuhalten ist.

Mit "10 Songs That Happened When You Left Me With My Stupid Heart" sucht Darwin Deez erneut nach etwas, was seinem einstigen Hype gerecht werden könnte. Leider bleibt davon – ohne das damalige Momentum – nur der starke Eindruck, dass er wohl ewig als Abziehbild dieses Indie-Geeks von damals, der mit den Locken und dem Schnurrbart, in Erinnerung bleiben wird.

Trackliste

  1. 1. The World's Best Kisser
  2. 2. Anna-Maria
  3. 3. Queen Of Spades
  4. 4. Getaway
  5. 5. Say It First
  6. 6. Drive Around
  7. 7. Too Shy To Take A Shine
  8. 8. All My Friends
  9. 9. Someone New
  10. 10. Daddy Always

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