laut.de-Kritik

Zwischen Sufjan Stevens und Metronomy.

Review von

Es ist doch wie verhext mit diesen verschwurbelten, elektronisch geimpften Pop-Platten - einerseits denkt man, die Machart käme einem doch arg bekannt vor, andererseits kann man nicht anders, als die Scheibe ob hymnischer Hits und launemachender Kurzweiligkeit abzufeiern. Das Debüt von Sam Genders, ehemals Kopf der Psych-Folker Tunng ist genau so eine Scheibe.

Nicht neu zwar, aber verdammt eingängig und am Puls der Zeit präsentieren sich Diagrams. Man nehme nur "Tall Buildings", eine potentielle Hymne und ein verboten hartnäckiger Ohrwurm: Choral im Refrain, ein Indiepop-tauglicher Stakkato-Basslauf, hektische Drumbeats, Handclaps, ein zackiges "Hey", die sanfte Stimme Genders effektvoll verhallt. Ungefähr nach dieser Formel zaubern auch The Naked And Famous. Dennoch prägt Genders außergewöhnliche Baritonstimme, ein Timbre, das im fröhlichen Indiepop nicht oft zu finden ist. Man denkt streckenweise an Kele, ein bisschen an Tom Smith und ganz unweigerlich an Sufjan Stevens.

Die Methodik dessen letzten Releases und der des Tunng-befreiten Genders ähneln sich zuweilen sehr. In ruhigen Momenten wabert er ebenso zwischen den Polen Folk und psychedelischer Elektronik ("Mills") umher. In anderen Momenten greift Sam auf minimalistische Popbeats im Stile Metronomys ("Black Light", "Animals") zurück bzw. arbeitet mit ähnlichem Kunstanspruch wie seine erfolgreichen Landsleute ("Appetite"). Letzter Track beruht übrigens auf einer heilenden Erfahrung mit Selbsthilfegruppen - "Appetite for life".

Und wirklich versprüht "Black Light" eine durchweg lebensbejahende Attitüde und große Spielfreude. Die farbenfrohe, abstrakte Landschaft, die Grafikerin Chrissie Abbott für das Cover entwarf, passt gut zum Sound der Platte: bunt, kunstvoll und auffällig. Positiv, trotz melancholischer Momente. Produzent Mark Brydon, bekannt als eine Hälfte von Moloko, liefert exakte Arbeit ab.

Klare Linien und extrovertierte Songs schaffen eine feine Pop-Platte, die sich am Zeitgeist orientiert, aber dank Genders Stimme das rechte Maß an Eigenheit bewahrt.

Trackliste

  1. 1. Ghost Lit
  2. 2. Tall Buildings
  3. 3. Night All Night
  4. 4. Appetite
  5. 5. Mills
  6. 6. Antelope
  7. 7. Black Light
  8. 8. Animals
  9. 9. Peninsula

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