laut.de-Kritik
"The same dirty groove": energiegeladen und grenzenlos lässig.
Review von Dani FrommIn Zeiten, in denen Hip Hop von einer Herangehensweise an den Schubladenschrank zur bloßen Schublade verkommen ist, kann man denen, die beharrlich gegen solche Strömungen anschwimmen, gar nicht dankbar genug sein. Jason O'Bryan und Barry Ashworth gehören zu diesem huldigenswerten Musikerschlag.
Meinetwegen dürfen sie ihr Vorgehen gerne Punk nennen und Dub draufschreiben: Das Resultat mit all seinen Reggae-, Dancehall-, Synthiepop-, Soul-, Funk- und Latin-Anleihen feiert genau die Ideale, die Afrika Bambaataa und Konsorten als gut und richtig erkannten, und die heute viel zu oft viel zu kurz kommen: "Peace, love, unity - and havin' fun."
Oder, um die Worte T.K. Lawrences aus "She Moves" zweckzuentfremden: "They are crazy and always amaze me." Obwohl deutlich weniger sperrig als noch auf dem Vorgängeralbum, haben die Dub Pistols nichts von ihrem Biss verloren. Mit "Rum And Coke" zelebrieren sie einmal mehr das Kunststück, zugleich energiegeladen und grenzenlos lässig, entspannt und trotzdem von Anfang bis Ende zwingend zu erscheinen.
Pompöse Pianos kippen in "Back To Daylight" in einen schnurgeraden Synthiebeat, der nach wie vor "the same dirty groove" aus jedem Takt atmet: simpel, und doch mörderisch effektiv. Während Terry Hall diesmal nicht mit von der Partie ist - er schraubt mit seinen Specials an einem Comeback-Album - setzt Freak Powers Ashley Slater dem Track mit seiner angerauten, stellenweise an Seal erinnernden Stimme das Sahnehäubchen auf.
"Just a simple song", um nicht weniger geht es hier. Zuckersüß verleibt sich Lindy Layton die von drückenden Bläsern, elektronischen Effekten und quietschenden Orgeltönen durchwehte Raggamuffin-Nummer "I'm In Love" ein. Rodney P bildet den astrein rappenden Kontrapunkt zum Gesang, hier wie auch in "Six Months".
Dafür greift Mr. Gregory Isaacs zum Mikrofon, von der New York Times mit mehr als einem guten Grund zum "most exquisite vocalist in reggae" geadelt: Er bringt gleichermaßen Soul und Gefühl in die fröhlich perlenden Reggae-Melodien mit dubbigen Akzenten.
Über dem Meeresrauschen, das "Everyday Stranger" einleitet, ballen sich beeindruckend düstere akustische Wolken zusammen. Karibisch tönt es aus "Ganja", während in "She Moves" ein Anfall von Latin Fever um sich greift, wie ihm zuletzt DJ Stylewarz, Torch und Toni L erlagen - und deren "Heiß Wie Feuer" liegt schon ganz schön lange zurück.
Rohe Bläser in bester Ska-Tradition künden in "Peace Of Mind" von der Ankunft Red Star Lions, der unbarmherzig die Leiden der "ghetto youths" zurück ins Gedächtnis rückt. Vollends im Ska angekommen, der seinerseits wieder in Pop-Gefilde hinüberhüpft, sind wir dann zusammen mit Justin Robertson: Bei solchermaßen entfachten musikalischen Flächenbränden verkommt die Aufforderung "Keep The Fire Burning" zur Formsache.
Meinen Privat-Höhepunkt findet ein vollkommen ausfallfreies Album im trotz griffiger Rhythmen und gesteigerten Tempos enorm relaxten "Revitalise": "It's never too late to revitalise your body." Diese beruhigende Erkenntnis ist durchaus den einen oder anderen Fanfarenstoß wert.
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