laut.de-Kritik
Die übersehenen Großmeister des US-Alternative Rocks.
Review von Michael SchuhDie Stilrichtungen Metal und Drum'n'Bass hat Eels-Chef Mark "E" Everett bislang nicht angefasst, dazwischen so ziemlich alles. Nachzuprüfen heuer auf einem wahren Königsbankett alternativer Rockmusik.
Da wäre einmal vorliegender Best Of-Happen "Meet The Eels" mit satten 24 Songs aus zehn Jahren Bandgeschichte, ergänzt von einer DVD, auf der zwölf meist wenig beachtete Eels-Videos der ohnehin viel zu wenig beachteten Eels-Singles enthalten sind.
Parallel zu "Meet The Eels" wirft Everett ein noch pralleres Fan-Geschenk in Form der Doppel-CD "Useless Trinkets" in den Ring, auf der er sich den Titelzusatz "Volume 1" dankenswerterweise gespart hat: B-Seiten, Raritäten und unveröffentlichtes Zeug, ebenfalls aus zehn Jahren Eels und mit 50 (!) Stücken wahrlich ausreichend dokumentiert, legen den fast unmenschlichen Output des Songwriters aus Virginia frei, den manch anderer Künstler vielleicht in 30 Jahren Karriere zusammen kratzt. Dazu später mehr.
Zunächst mal ist "Meet The Eels" eine absolut hochwertige Songsammlung, die von der hypnotisch-verrückten Debütsingle "Novocaine For The Soul" von 1996 über Glockenspielrocker wie "Flyswatter" (2000), Discobrecher wie "Souljacker Part 1" (2001) bis hin zu entdeckungswürdigen E-Samtstreichlern wie "Love Of The Loveless" (2003) mit Höhepunkten nicht geizt.
Ob es mit dem Titel des Eels-Debütalbums "Beautiful Freak" zu tun hat, mit der über die Jahre schwer alternierenden Gesichtsbehaarung des Frontmanns oder mit dessen berüchtigten Interviewlaunen ("Ich hasse Scheißfragen!"); seither kam kaum eine Personenbeschreibung Everetts ohne die Adjektive "kauzig" oder "verschroben" aus.
Im Gegensatz zu dem sicher nicht weniger spleenigen Labelkollegen Beck, an dessen Stimme und Virtuosität die Eels ein ums andere Mal erinnern, fehlte E einzig ein weltweiter Single-Hit.
Dennoch: Der Eels-Chef ist zehn Jahre nach Erscheinen des Debütalbums eine Marke im Geschäft - künstlerisch auf konstant hohem Level werkelnd, sämtlichen Späßen nicht abgeneigt und Erwartungshaltungen gerne sein Gesäß zuwendend.
Seine Songs heißen zum Beispiel "Son Of A Bitch", "Fucker" oder gleich "It's A Motherfucker" und sind doch zu Herzen gehende Balladen. Dass hier ein Mann arbeitet, dessen Texte gesonderte Aufmerksamkeit einfordern, versteht sich von selbst. "Waking up with an ugly face / Winston Churchill in drag", ist so eine Zeile, die einen beim Hören hinterrücks erwischt ("Your Lucky Day In Hell", 1996).
Den Humor des Trios fasst neben dem bislang unveröffentlichten Missy Elliott-Cover "Get Ur Freak On" schlussendlich die DVD ein, auf der alleine schon die "Pleiten, Pech und Pannen"-Clipadaption "Rags To Rags" begeistert. Ebenfalls schön skurril Es Begründung zu Beginn von "Hey Man (Now You're Really Living)", warum es diesmal nur für ein billiges Handycam-Video gereicht hat.
Die eingangs erwähnte, parallel erscheinende Doppel-CD "Useless Trinkets" öffnet dann das gesamte Buch des Eels'schen Wahnsinns. Beginnend mit einer Spoken Word-Liveversion von "Novocaine" arbeitet sich E berserkergleich durch weitere 49 Songs, von denen nicht alles hängen bleibt, aber vieles gefällt.
Wer die Eels angesichts der zahlreichen elektronisch unterfütterten Songs schon immer mal unplugged antesten wollte, trifft E hier des Öfteren alleine mit der Akustikgitarre an. Natürlich geht es auch umgekehrt: "Jelly Dancers", ein Cover von Es Jugendheld Bruce Haack, besteht fast nur aus Keyboards und Percussions.
Wer sich dennoch fragt, warum man 20 Euro für eine 50 Song starke Outtakes-Sammlung inklusive Live-DVD (Eels at Lollapalooza 2006, 6 Songs) ausgeben soll: Das 75-seitige Booklet mit Infos zu allen Songs und haufenweise Fotos von Band, Backstage-Pässen und Albumcover sollte an Liebe und Detailreichtum so schnell nicht zu überbieten sein. Die Eels gehören zweifellos zu den übersehenen Großmeistern des US-Alternative Rock.
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