laut.de-Kritik
Sein Style komme, sein Wille geschehe.
Review von Dani FrommDen Wunderkind-Bonus kann Fabian Römer, inzwischen 20-jährig, langsam vergessen. Er braucht ihn auch nicht mehr - sollte er ihn überhaupt jemals nötig gehabt haben. Der Typ mit dem unspektakulären Namenskürzel zählt längst zu den Figuren in der deutschen Rap-Szene, die man besser für voll nehmen sollte.
Nagten in der Vergangenheit zuweilen unausgegorene, mäßig abwechslungsreiche Beats am Genuss, hat F.R. dieses Problem mit Hilfe der Beatgees vollkommen in den Griff bekommen. Was auf "Wer Bist Du?" aus den Boxen schillert, blubbert und pumpt, reflektiert die Atmosphäre der Lyrics so perfekt, dass ein geradezu gruseliger Verstärkungseffekt eintritt.
So unterstreicht der Beat zu "Son Of A Preacher Man" mit funky Bläsern, vor Soul triefenden Streichern und Backgroundchören die Herkunft des frech bei den Supremes entliehenen Titels. Wer in diesem Zusammenhang allerdings rückwärtsgewandten Motown-Sound erwartet, täuscht sich: Eine fies knarrende Basis macht jeden Anflug von Kitschigkeit zunichte.
Darüber inszeniert sich F.R., tatsächlich auch im echten Leben Sohn eines Predigermannes, hemmungslos großkotzig als omnipotenter Rap-Messias. "Sein Style komme, sein Wille geschehe" - so lange es derart frisch tönt, meinetwegen auch im Himmel wie auf Erden.
Wie gewohnt verzichtet F.R. auf Schablonen und Phrasen, versucht auch weiterhin nicht, Posen einzunehmen, die man ihm ohnehin nicht abkaufen würde. "Herzlich willkommen zum nunmehr vierten Teil meines vertonten Lebens."
Es geht um Abschied, Aufbruch und Neuanfang, um Abnabelungsprozesse, um Stationen auf dem Weg zum Erwachsenwerden, zu neuer Selbständigkeit. "Prioritäten" müssen gesetzt, Grenzen gezogen werden. Die Zukunft steht offen, bietet so viele Möglichkeiten - aber auch die "Wahl Der Qual".
F.R. berichtet unbekümmert, mit entwaffnender Offenheit, aus seinem Alltag zwischen Schulabschluss und Studium, thematisiert Unsicherheiten und Ängste genau so wie die sicher oft absurd anstrengende Doppelbelastung als Schüler und doch mittlerweile vergleichsweise erfolgreicher Rap-Aktivist.
Von Suhlen im Selbstmitleid oder anderen Weinerlichkeiten, die im Jungmänner-Rap allzu häufig wie das Goldene Kalb angebetet werden, hält F.R. erfreulich wenig: "Wenn der Postbote Mahnungen bringt, dann freu' dich. Wärst du obdachlos, würd' er dich gar nicht erst finden."
In ähnlicher Manier ringt er unerfreulichen Zuständen, darunter Übergewicht und drückende Steuerbelastung, positive Aspekte ab. Selbst eine durch und durch negative Situation kann, das zeigt "Dafür Lebe Ich", an einem anderen Tag schon wieder ganz anders empfunden werden.
Ohne dabei belehrend zu wirken, schwingt sich F.R. beim Versuch seiner Identitätsfindung zum Vorreiter wider das urdeutsche Jammerlappentum auf. "Mach Dir Nichts Vor", erkennt er: "Das einzige, das dich behindert, bist du." Deswegen: "Wenn die Ironie des Schicksals 'Hallo' sagt: Mittelfinger hoch!"
Der Rapper F.R. kommt über all dem natürlich nicht zu kurz: "Ich will Deutschland regieren", tut ein dem Genre angemessen großspurig agierender MC in "Gib Es Her" kund - Rundumdiss gegen C-Prominez vom Schlage eines Jimi Blue oder eines C.J. von Rapsoul inklusive. Aus strategischen Gründen darf sich sogar - nein! gerade! - ein F.R. der überstrapazierten Aufforderung "Fick deine Mutter!" bedienen.
Die Zirkus-Musik von "Bändige Beats" reduziert sich auf ein klackerndes, fast schon minimalistisches Fundament, ehe ein versierter Beat-Dompteur die Manege betritt. Wer sogar das Alphabet perfekt flowt, soll getrost mit Besserwisser-Vokabeln wie "Periodensystem" jonglieren.
"Ich bin so fly, meiner Scheiße wachsen Kotflügel." Runde, volle Bässe flankieren in "Excess All Areas" eine äußerst selbstbewusste Eigendarstellung, die trotzdem in einer Verneigung vor Eminem, Nas, KRS-One und Konsorten mündet.
Ob melancholische "Under The Bridge"-Stimmung in "Irgendwann", Herzschlag und Stimmengewirr in "Mach Dir Nichts Vor" oder flirrende Sounds, die die "zerfließenden Sinne" im Titeltrack spiegeln: Die Beatgees illustrieren das textlich Gebotene perfekt. Einzig das Instrumental zu "Ellenbogen Raus" steuerte Farhot bei - nicht minder gelungen.
"Sekunde 1" erzählt zwar eine packende Geschichte. Mit dem allzu glatten, poppigen Beat kann ich mich trotzdem nicht so recht anfreunden - genau so wenig wie mit den hie und da aufblitzenden gesungenen Hooklines.
Trotzdem: F.R. liefert mit "Wer Bist Du?" nicht nur ein solides, sondern gleich sein bisher bestes Album ab. Wer wollte ihm da die abschließende Bitte abschlagen? "Lass Mich Nochmal": Aber gerne doch!
35 Kommentare
Kann die hohe Wertung absolout nicht nachvollziehen, finde das Album insgesamt total belanglos. Klar, Skills hat er, aber sein unnatürlicher Stimmeinsatz und die erwartbaren Texte sind einfach irgendwann nicht mehr zu ertragen. Einmal gehört, direkt weggelegt.
Kann FR spätestens seit dem Halt die Fresse Video nicht mehr ernst nehmen.
sein bestes album? mit sicherheit nicht. trotzdem ein sehr sehr gelungenes werk mit perfekt ausproduzierten beats, noch perfekterem flow und noch viel perfekteren texten
review und berwertung gehn klar
zugehört: die neue Umse ist sehr sehr gut geworden.
Ich kann die Leute verstehen, die ihn nicht mögen, ich find ihn aber ziemlich gut
Das ist nen richtig Gutes Album!
Er kanns einfach! *-*