laut.de-Kritik

In einer Hand die Axt, in der anderen der Taktstock.

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Das Leben ist komplex. Besonders in der erstaunlich betriebsamen Nische, in der sich Technical Death Metal und Klassik treffen. Dort haben Fleshgod Apocalypse 2007 die italienische Flagge in den Boden gerammt und ackern seither unermüdlich, mit Konzerten in allen Ecken der Welt und regelmäßigen Veröffentlichungen, die wiederum Anlass für weitere Tourneen bilden.

Eine Warnung vorweg: Für den gemeinen Todesmetaller ist "Veleno" eine harte Nuss. Zu gewohnten Growls, Blastbeats, vertrackter Rhythmik und steten Tempowechseln gesellen sich Operngesang, ein omnipräsentes Piano sowie Streicher. Anders als bei vielen Kollegen dienen diese Elemente bei Fleshgod Apocalypse nicht bloß als nette Deko, sondern nehmen eine tragende Funktion ein.

Diese Vielschichtigkeit hat ihren Preis. Wer mit dem Oeuvre der Band nicht schon vertraut ist, dem droht gerade in der ersten Albumhälfte ein Epilepsie-Anfall. Im passend betitelten "Fury" gehen die Italiener gleich furios zu Werke und peitschen alle ihre Steckenpferde durch die Arena. Trotz ausufernden Tatendrangs und erfreulicher Heftigkeit nicht die beste Nummer der Platte: Wie die Pianomelodie von Franceso Ferrini mit den Riff- und Drumsalven zusammengehen soll, erschließt sich auch nach zig Durchläufen nicht so recht.

Etwas weniger verzettelt gehts mit "Carnivorous Lamb" weiter. Im Refrain gesellt sich Cleangesang zum Gegrunze, Klavier zur unbeeindruckt weiterratternden Snare, ansonsten aber dominiert hier fast schon straightes Geprügel. Im spooky angehauchten "Sugar" hetzt die Band ebenso atemlos durch Breakdowns, Hochtempo-Geschredder und Melodien, die nach einem Zirkuszelt im Vollbrand klingen.

Auch wenn die Herren zweifelsohne virtuose Musiker sind, packen sie oft so viele Ideen in ihre Kompositionen, bis jegliche Luft zum Atmen fehlt. Da kommt ein sachte arrangiertes Frauenchor-Intermezzo gerade recht. "Monnalisa" nimmt diesen Low-Key-Ansatz auf, startet bedächtig mit Flüstergesang und simplem Beat. Doch natürlich fahren Fleshgod Apocalypse auch hier bald wieder das volle Pomp-Programm auf, was dank harmonischem Aufbau aber gut von der Hand geht.

Der Mittelteil der Platte könnte Novizen eigentlich besser als Einstieg dienen. Mit dem heftigen "Worship And Forget" und dem brutalen "Pissing On The Score" treiben die Italiener zweimal ordentlich die Sau durchs Dorf, in der einen Hand die Axt, in der anderen der Taktstock. Ihre Death-Riffs sind ohnehin nie von schlechten Eltern, und die klassischen Elemente bestrahlen das Gemetzel hier eher aus dem Hintergrund. Auch an Arch Enemy gemahnende melodiöse Gitarrensoli haben Fleshgod Apocalypse natürlich locker drauf.

Zum Schluss des Albums kommt dann sogar Mut zur Reduktion auf. Die Pianoballade "The Day We'll Be Gone" bietet Opernsängerin Veronica Bordacchini viel Platz, um ihre Stimme zu entfalten. Ein wohltuender Kontrastpunkt zum restlichen Album, es muss ja nicht hinter jeder Ecke ein Twist lauern, und eine stimmige Überleitung zum de facto abschließenden "Embrace The Oblivion". Der fast achtminütige, epische Midtempo-Brecher gefällt mit einer düsteren Stimmung, hymnischen Passagen, und hält die Spannung bis zuletzt.

Der Titeltrack, nur auf dem Klavier dargeboten, beschließt das Album ebenfalls mit einer ruhigen Note und verschafft dem gemeinen Headbanger Zeit zum Nachdenken. Ganz schön anstrengend, dieses "Veleno". Fordernd. Natürlich gibt es in all dem Drama auch viele tolle Momente, und Francesco Paoli veranstaltet vielleicht ein Drumgewitter, alle Achtung. Trotzdem kann der Hang zur Opulenz auf Dauer ganz schön nerven, und all jene, die keine Die-hard-Fans sind, schlichtweg erschlagen.

Trackliste

  1. 1. Fury
  2. 2. Carnivorous Lamb
  3. 3. Sugar
  4. 4. The Praying Mantis' Strategy
  5. 5. Monnalisa
  6. 6. Worship And Forget
  7. 7. Absinthe
  8. 8. Pissing On The Score
  9. 9. The Day We'll Be Gone
  10. 10. Embrace The Oblivion
  11. 11. Veleno

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