laut.de-Kritik

Mehr Ecken und Kanten hätten nicht geschadet.

Review von

Landesweite Aufmerksamkeit erregten Flimmerfrühstück 2011 mit ihrem TV-Auftritt im Rahmen von Raabs "Bundesvision Song Contest" als Vertreter Sachsen-Anhalts. Am Ende sprang für "Tu's Nicht Ohne Liebe" nur der 13. Platz raus. Für einen Platz in den Top Ten reicht es auch beim Debüt-Album nicht. Dennoch hält der Ost-Vierer Songs bereit, die sich im Bereich des Indie-Pop gute Bewertungen verdienen.

Bei Bands mit Universitäts-Hintergrund fällt gern der immer etwas verächtlich klingende Begriff 'Studentenmusik'. Doch allzu verkopfte Kunst dient Flimmerfrühstück nicht als Intention. Der Spaß an der Sache steht im Vordergrund. Zumeist luftig, leicht und locker inszeniert, entwerfen sie einen stilistisch bunt zusammengestellten und gefällig eingespielten Song-Strauß. Zu Beginn rauscht "Das Einzige" noch recht unspektakulär vorüber, doch mit "Charlie Parker Platten Hören" landet die Band einen klaren Treffer.

Relaxt, entspannt, und mit einer reichhaltigen Prise Jazz-Pop versehen, beschreiben sie über stimmige Beats den perfekten Ablauf eines Nachmittags mit der Geliebten. Live erfreut sich "Aurelie" längst großer Beliebtheit bei Fans. Zu recht, denn die quirlige Nummer ist nicht das Cover des gleichnamigen Wir Sind Helden-Tracks. Flimmerfrühstück inszenieren eine Fortsetzung und spinnen die Story um die liebesverwirrte Französin höchst charmant weiter. Auf "Freund" beweist die Band gekonnten Umgang mit Versatzstücken aus der Beatles-Ära.

Textlich dreht es sich zumeist um die klassischen Themen des Lebens und Liebens, nicht um Revolution oder Gutmenschentum. Natürlich wissen die Vier um eine mitunter böse Welt da draußen. Doch Flimmerfrühstück richten sich lieber in einer möglichst behaglichen Nische ein. Zu viel Ausgewogenheit birgt allerdings immer die Gefahr gepflegter Langeweile. So bietet z. B. eine Ballade wie "Ich Bin Verliebt" trotz guter Ansätze keine wirklich intensiv-überzeugende Umsetzung über Schmetterlinge im Bauch.

Dafür sticht "Augenwischerei" wieder positiv heraus. Dieser Track vereint Seventies-Funkbeats gekonnt mit angejazzten Saxophon-Parts. Für einen prall gefüllten Dancefloor sorgen Flimmerfrühstück damit nicht, doch wohlwollendes Mitschnippen ist ihnen sicher. Die Arrangements bestücken sie mit allerlei Sound-Details, darunter Streicher ("Im Mai") oder eine Folk-Fiedel ("Das Lied Über Das Mädchen, Das Nicht Weiß Was Es Will"). Nie wetteifert die E-Gitarre mit dem Piano um die größte Aufmerksamkeit, hier arbeiten beide lieber im Team.

Die bewusst eingesetzte Zurückgenommenheit bei der Inszenierung bedeutet gleichzeitig Stärke und Manko der zwölf Tracks. Trotz einiger Einträge auf der Mängelliste liefern Flimmerfrühstück einen passablen Longplayer ab, dem der Mut zu mehr Drive und mehr Ecken und Kanten gut getan hätte. Ihre handwerkliche Klasse und den gekonnten Umgang mit Zitaten aus der Musik-Historie setzen sie zu unspektakulär in Szene. Das Ganze strahlt immer wohlige Wärme ins Hörerzimmer ab, doch so richtig prasselndes Song-Feuer findet (noch) zu selten statt.

Trackliste

  1. 1. Das Einzige
  2. 2. Charlie Parker Platten Hören
  3. 3. Planet
  4. 4. Tu's Nicht Ohne Liebe
  5. 5. Im Mai
  6. 6. Freund
  7. 7. Aurelie
  8. 8. Ich Bin Verliebt
  9. 9. Augenwischerei
  10. 10. Das Lied Über Das Mädchen, Das Nicht Weiß Was Es Will
  11. 11. Du
  12. 12. In Allen Meinen Liedern

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