laut.de-Biographie
Gregor Samsa
"Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt", schreibt Franz Kafka zu Beginn seiner berühmten Erzählung "Die Verwandlung". Gregor Samsa - ein literarischer Name, der glücklicherweise nicht nur als Pseudonym für einen Porno-Darsteller herhalten muss, wie Konsultationen des stets informativen Internets ergeben, sondern der auch für gute Musik steht.
Gregor Samsa nennt sich nämlich ein Quartett, das um die Jahrtausendwende in Richmond, Virginia zusammen findet. Von Kritikern als Postrock-Band bezeichnet, findet in ihrer Musik tatsächlich so etwas wie eine Verwandlung statt: Hallende Keyboardnoten gehen in düstere Hintergrundgeräusche über, die wiederum zu verzerrten Männer- und Frauenstimmen führen. Das Ergebnis sind intensive Klangatmosphären zwischen Trost und Klaustrophobie.
Ihre unbetitelte erste EP nehmen sie 2002 im Haus ihres Bandkopfs Champ Bennent auf. Die Aufnahmen erscheinen auf dem kleinen Bostoner Label Iodine Recordings und bringt ihnen Vergleiche mit den Cocteau Twins, Godspeed You Black Emperor!, Sigur Rós und My Bloody Valentine ein.
Nach einer längeren Tour beginnen sie wenig später damit, weitere Songs in einem richtigen Studio aufzunehmen. Dabei steht ihnen Alan Weatherhead zur Seite, der zeitweilig Musiker bei Sparklehorse war. Zwar wollen alle gemeinsam ursprünglich ein ganzes Album aufnehmen, doch die Studiokosten wachsen schließlich mit der Zeit dermaßen an, dass das eingeplante Geld schneller weg, als der Longplayer im Kasten ist. 27 Minuten und 36 Sekunden Musik stehen am Ende auf der Guthaben-Seite des Aufnahmekontos. Passenderweise nennen sie die EP also "27:36", sie erscheint 2003. Dennoch steht es nicht gut um die Zukunft der Band - zwei Mitglieder gehen von Bord und das Label ist finanziell am Ende. Die Gründungsmitglieder Champ Bennett und Nikki King stehen allein auf weiter Flur.
Zwar melden sich im Anschluss an die EP viele Bands, die Gregor Samsa supporten wollen, doch das Duo kann es sich kaum leisten, umher zu reisen. Auf der Bühne füllen immer andere Musiker leihweise jene Lücke, die sich durch den Weggang der anderen aufgetan hat. Schließlich ein Silberstreif am Horizont: Das europäische Label Own Records bringt die EP in der alten Welt auf den Markt. Das Mitgliederproblem löst sich ebenfalls: Jason Laferra kommt als Bassist hinzu, Champs Bruder Billy steigt als Drummer ein. Gemeinsam absolvieren sie ihre erste Europa-Tour.
Nachdem die vier wieder Zuhause sind, beginnen sie mit neuen Aufnahmen. Nach zweieinhalb Monaten ist alles im Kasten, den Mix besorgt Brian Paulson. Doch die Band bricht auf Grund zwischenmenschlicher Konflikte auseinander. Champ zieht nach New York, Gregor Samsa sind im Prinzip verstorben.
Doch anders als der Namensgeber bei Kafka, der schließlich jämmerlich dahinscheidet, rappelt sich die Band noch einmal auf. Alle verspüren Lust auf die Songs und spielen sie wieder gemeinsam. Im Herbst 2005 erscheint eine Split 12" mit den Red Sparowes. Im März 2006 ist es dann soweit - mit "55:12" erscheint das Albumdebüt, 2008 schon der Nachfolger. Gregor Samsa sind wieder zurück.
Noch keine Kommentare