laut.de-Kritik
Das beste Funk-Publikum sitzt in der alten Welt.
Review von Dani FrommWenn einer eine Reise tut, so kann er was erzählen. Bill Summers und Mike Clark haben bereits den ein oder anderen Trip im Rücken. Ob mit oder ohne Herbie Hancock, stets zeigten die Headhunters der Welt, was eine Harke ist.
Im vergangenen Jahr trug der frisch wieder erstarkte Funk-Boom die Truppe einmal quer durch Europa. Von da brachten Summers & Co. - neben diversen Anekdoten aus dem Kampf Musiker vs. Fahrpläne - die Erkenntnis mit: Das beste Publikum für Funk-Jazz-Wahnsinn bietet eben doch die alte Welt.
Den Fans rund um den Globus demonstrieren die Headhunters das mit grandiosen Live-Aufnahmen, die bei drei Shows in Frankreich mitgeschnitten wurden. Wer jetzt glaubt, alte Hasen wollten es noch einmal wissen und ritten aufgewärmte Grütze zu Tode, könnte sich gar nicht tiefer geschnitten haben.
Was die Herren Kopfjäger präsentieren, hat Hand, Fuß und Groove mindestens für den Rest des Jahrzehnts. Auch, wenn etliche der Stücke dem namengebenden, platindekorierten Werk "Head Hunters" von 1973 entstammen und damit bereits 35 Jahre auf dem Buckel haben: Serviert im Andenken an Miles Davis, Sly And The Family Stone und James Brown wirkt all das frischer als der sprichwörtliche junge Morgen.
Jeder einzelne der beteiligten Musiker wartet mit einer Referenzliste auf, die selbst in elitären Jazz-Kreisen vor Ehrfurcht erstarren lässt. Gehen derart versierte Künstler zu Werke, bestünde durchaus die Gefahr, dass sich konkurrierende Egos ins Gehege geraten.
Bei den Headhunters: davon keine Spur. Jeder Einzelne ist wichtig, jeder kennt seinen Platz. Das Zusammenspiel funktioniert blind. Selbst wüste Improvisationen legen die Herren mit bewundernswerter Präzision hin. Alles wirkt ungekünstelt, ungeprobt und dabei erstaunlich virtuos.
Spielfreude regiert, die Nummern wirken quirlig und farbenfroh, ohne an Überfrachtung zu ersticken. Bei allem Detailreichtum bleiben die Stücke leicht konsumierbar, jedoch keineswegs belanglos.
Zehn-, elf-, dreizehnminütige Songs lassen ihre Länge angesichts zahlloser Tempo- und Stimmungswechsel schlicht vergessen. Die Headhunters gestatten der Musik, sich ungehemmt zu entfalten. Zarte und direkte Passagen greifen nahtlos ineinander. Gut möglich, dass einen der Gedankenspaziergang unversehens auf eine Tanzfläche führt.
Nicht umsonst gilt Mike Clark als der meist gesamplete Drummer im Hip Hop. Zusammen mit Summers' Percussion sorgt er für den Rhythmus, dem Donald Harrison und Mark Shim am Saxophon und Keyboarder Jerry Z. Krone um Krone aufsetzen. Als Garant für teuflisch groovende Basslinien macht Funk-Maschine T. M. Stevens einen echten Höllenjob.
In dieser Besetzung wirkt sattsam Vertrautes, als wäre es brandneu, und neues Material wie altbewährte Klassiker. "4 String Drive" und das zart einsteigende "Butterfly" bietet CD Nummer 2 zusätzlich in etwas weniger ausufernden, nicht minder spannenden Versionen auf. Wer "Chameleon" oder das x-fach gesamplete "God Make Me Funky" ein weiteres Mal hören will, ist hier ebenfalls richtig.
Um sich ein Schleudertrauma in "Neckbones" und Hüften zu holen, hätte aber schon die erste Scheibe genügt. "We want you to get funked up!" Mission erfüllt? "Yeah, yeah, yaeh! Hell yeah!"
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