laut.de-Kritik
Für einsame Stunden an der Bar des Lieblingslokals.
Review von Adrian MeyerWas für The National "High Violet" und für Elbow "The Seldom Seen Kid" war, ist für I Am Kloot hoffentlich "Sky At Night": Das Album, das ihnen nach einem Jahrzehnt des Schaffens und der Kritiker-Anerkennung, aber weitgehender Ignoranz durch die breite Öffentlichkeit nun endlich den langersehnten Erfolg bescheren soll. Das Trio aus Manchester hätte es nach vier starken Platten, sieben Managern, fünf Labels und nur einer einzigen Single in den Top 40 ("Over My Shoulder" aus Gods And Monsters) mehr als verdient.
Der Guardian spricht bei "Sky At Night" von einem Comeback-Album. Das stimmt freilich nicht: I Am Kloot waren nie weg. Die Band gehört mittlerweile so stark zum Inventar von Manchester wie die miefenden Biermatten auf den Tresen der dortigen Pubs.
Sänger und Gitarrist John Bramwell bewegt sich als vormaliger "Johnny Dangerously" seit über zwei Jahrzehnten im Dunstkreis der Musikszene von "Manc". "And I guess that I've been singing all my life / well that's right / and that is fine", singt er dann auch in "Fingerprints" mit seiner unverkennbaren Stimme.
Als Schemen einer jeden Ausgängerseele der "Second City" ist es nie schwierig, ihn zu später Stunde irgendwo anzutreffen, sei es im stickigen Pub um die Ecke, beim Gig deiner Lieblingsband in der Manchester Academy oder im Türrahmen zum Backstagebereich des Night & Day Cafés an der Oldham Street. Analog verhält es sich mit der Band: omnipräsent für einen kleinen Kreis von Hardcore-Fans, aber stets im Schatten anderer Gruppen.
Wer den Schlüssel zu "Sky At Night", ja, zu I Am Kloot als Ganzes sucht, findet ihn in "To The Brink". Das verinnerlicht alles, was diese Band so großartig macht. "Do you fancy a drink / I know a place called the Brink", singt Bramwell zu einem Hauch von Akustikgitarre und erweckt die typische Intimität von Kloot-Konzerten.
Gleichzeitig vereint der Track die Intimität mit der bombastischen Produktionsweise, die Kloot auf Platte gerne verfolgen. Dafür verantwortlich zeigt sich, wie schon beim Debüt "Natural History", ihr Kumpel Guy Garvey. Sein Einfluss ist etwa beim berührenden "Fingerprints" oder dem Kloot-untypischen, mit psychedelischen Bläsern versetzten "Radiation" unüberhörbar.
Kritiker und Fans streiten schon länger darüber, ob besagter Bombast auf Kloot-Platten überhaupt noch Kloot sei und gar nicht deren intime und minim instrumentierten Live-Gigs wiedergeben würde. Eigentlich ein sinnloser Disput: Die Songs funktionieren in beiden Versionen, mit Bläsern und Pianospuren, aber auch reduziert auf Gitarre, Bass und streichelnde Drums.
Bramwell beweist einmal mehr, dass er zu den besten Songwritern der britischen Inseln gehört, wenn er etwa singt: "They've got no rule of thumb / so on the counter I strum with my fingers" ("To The Brink"). In der metaphorischen Kneipe "The Brink" verdichtet sich das Kloot'sche Lebensgefühl aus durchzechten, nebelverhangenen Nächten, in denen trotz ständigem Scheiterns am Tresen mit glasigen Augen zuversichtlich dem Morgengrauen entgegengeblickt wird.
"We're trying to get a whole life on one record - which can be tricky", sagt Bassist Peter Jobson treffend über "Sky At Night". Womöglich hat man aus diesem Grund den Kultsong "Proof" ihres selbstbetitelten Zweitlings erneut mit auf Platte genommen. Mit dem selbsterklärten Ziel Kloots, neue Hörer zu erreichen, ein durchaus berechtigter Entscheid: Der Track wurde vom alten Label der Band aus unerklärlichen Gründen nicht als Single veröffentlicht.
Ewige Romantiker werden mit diesem Album im Ohr wunderbare einsame Stunden an der Bar ihres Lieblingslokals verbringen und ihre Schmerzen mit bitterem Ale runterspülen. Beim Verlassen der Bar zu spätester Stunde rettet Bramwell womöglich vor dem endgültigen Verzagen: "After all, it's just the night in your veins" ("It's Just The Night"). Gerne möchte man dem Sänger zustimmend auf die Schulter klopfen und mit ihm zusammen durch die schummrigen Gassen dem Sonnenaufgang entgegen torkeln.
1 Kommentar
schöner Chamber-Pop, wenn auch etwas zu seicht und einschläfernd. Aber Review ist gut und Wertung auch.