laut.de-Kritik
Lieblos zusammengewürfelter Blick aufs Frühwerk.
Review von Dani Fromm"15 newly remastered classic cuts from the original gangster." Schau an: Alles, das sich über ein Greatest Hits-Album von Ice-T sagen lässt, passt auf einen drei mal vier Zentimeter großen Aufkleber auf dem Cover - und dann reicht der Platz noch für Auszüge aus der Tracklist: "6 'N The Morning" darf mit, klar, "I'm Your Pusher" und "Colors".
Dem geneigten Rezensenten bleibt da im Grunde wenig hinzuzufügen. Ich versuchs einfach trotzdem, denn: "Somebody Got To Do It". Tja, Herrschaften: "Pimpin' Ain't Easy!!!". Wobei ich mir mühelos unangenehmere Broterwerbe vorstellen könnte, als sich durch altvertraute Rap-Klassiker hören zu müssen.
Über Sinn oder Unsinn von Hitsammlungen lässt sich so trefflich wie ergebnislos streiten wie über die Notwendigkeit von Live-Alben. Hardcore-Ice-T-Fans brauchen eine solche Zusammenstellung vermutlich ohnehin so nötig wie eine Kugel im Kreuz. Die Aufmachung rechtfertigt einen Kauf jedenfalls schon einmal nicht.
Hätte man der CD nicht wenigstens eine etwas liebevollere Gestaltung angedeihen lassen können? Das windige Faltzettelchen "Booklet" zu nennen, verbietet sich fast so automatisch, wie bei dem unvorteilhaften Cover die Bezeichnung "Artwork" zu bemühen. Hier hat mal ganz offensichtlich niemand auch nur einen Funken Liebe oder ein Tröpfchen Herzblut investiert. Wer immer dieses Päckchen schnürte, hat sich noch nicht einmal rudimentär Mühe gegeben.
Der Qualität der Musik schadet solche Vernachlässigung freilich nicht - auch wenn man im Jahr 2014 vieles eher als Zeitdokument denn als Dokumentation von Rap- oder Produzentenskills auf aktuellem Niveau betrachten muss. "6 'N The Morning" katapultiert mit minimalistischem, blechern schepperndem Drumbeat dann auch gleich unmittelbar zurück in ein Land noch lange vor einer Zeit, da Will Smith den Fresh Prince Of Bel-Air gab.
1986 ... Mann, Mann, Mann, ist das lange her ... Man hört es auch: Der Track hat erheblich Patina angesetzt. Dennoch - die Greiseren unter uns empfinden möglicherweise ähnlich - atmet die Nummer irgendwo tief unter all dem Staub und den Spinnweben noch immer die Frische, die sie besaß, als die Bullen eines schönen Morgens um sechs erstmals vor der Tür standen. Tatsache: classic cut!
Die Energie, die Ice-Ts Vortrag auszeichnete, bricht sich allerdings erst im nächsten, kaum minder klassischen Cut Bahn, dem nächsten von seinem Debüt "Rhyme Pays" stammt: Bei der Erfüllung seiner eigenen Forderung "Make It Funky" hilft - per Sample - Soul Brother No. One, Mr. James Brown. Könnte ich den ganzen Tag hören, genau wie "Somebody Gotta Do It (Pimpin' Ain't Easy!!!)", wieder "Rhyme Pays" entnommen.
Hat der Mann eigentlich noch andere Platten aufgenommen? Yo, bis 1991 insgesamt vier Alleingänge unter dem Dach von Warner. Die handelt die Compilation dann auch hübsch chronologisch ab. "Power", "The Iceberg/Freedom Of Speech ... ... Just Watch What You Say" und "O.G. Original Gangster" sind ebenfalls mit jeweils den drei erfolgreichsten Titeln vertreten.
Dazu gibt es noch je eine Kostprobe aus den Soundtracks zu "New Jack City", "Colors" und "Ricochet", an denen Ice-T beteiligt war – und: Ende Gelände. Die Werkschau versandet (anders als das etwas umfassendere Greatest Hits-Album mit dem Zusatz "The Evidence", das im Jahr 2000 erschien) 1991, was immerhin schon satte 23 Jahre zurück liegt. Von einem umfassenden Blick auf das Schaffen der Rap-Legende kann also wirklich keine Rede sein.
Schon klar, dass das rechtliche Ursachen hat. 1993 trennten sich die Wege von Ice-T und Warner "künstlerischer Differenzen" wegen. Der Wirbel um "Cop Killer" vom selbstbetitelten Debüt von Ice-Ts Rapmetal-Combo Body Count dürfte das seinige zu dieser Entscheidung beigetragen haben.
Trotzdem: Einen Blick auf - mehr ist es ja nicht, fallen die letzten gut zwei Dekaden komplett unter den Tisch - Ice-Ts Anfänge zu werfen, durch und durch unoriginell die bekanntesten Tracks herauszupicken und in der Reihenfolge des Erscheinens aufzuführen, das ohne jeden Mehrwert für den Fan lieblos verpackt in die Regale zu schmeißen und das lausige Päckchen dann als "Greatest Hits" zu verkaufen: Das wirkt schon einigermaßen frech.
Nö. Da sparen wir unsere Kröten doch lieber für die frisch aufgelegten Vinyl-Editionen von "Rhyme Pays", "Power" und "Body Count", die gleichzeitig erscheinen. Wer Ice-Ts olle, elend zähe, aber vielleicht gerade deswegen immer noch genießbare Gangsterboogie-Kamellen noch nicht besitzt, kommt damit entschieden besser weg.
1 Kommentar
Ein Selfie als Plattencover ist schon mal ein schlechtes Omen.