laut.de-Kritik
Krachige Punk-Headbanger und 80er Kinder-Keyboards.
Review von Jasmin LützVom Rinderwahnsinn redet kaum noch jemand, aber der Retro-Wahn ist immer noch topaktuell. Auch auf der beliebten Musikerinsel. Ikara Colt wühlen weiterhin begeistert in ihrer Erinnerungskiste. So wie damals, 2002, als sie ihr rotziges Debüt "Chat And Business" herausbrachten und den britischen Magazinen mal wieder eine breite Hype-Euphorie bescherten. Es ist nicht zu leugnen. Wie schon auf der ersten Platte hört man die berühmten Lieblingsbands auch auf dem neuen Album "Modern Apprentice": Die guten legendären The Fall-Klänge, die durchgeknallten Stooges-Ausraster oder die ewigen Helden-Hymnen von Sonic Youth. Es darf auch mal ruhig etwas neuzeitlicher sein.
Das Stück "Modern Feeling" trifft in die Kerbe einer rhythmischen Beat-Rock'n'Roll-Show à la The Kills, wobei deren Wurzeln ja auch bekannten Ursprungs sind. Wahnsinn hin oder her, trotz hundertundeins Vergleiche rockt diese Platte. Krachige Punk-Headbanger gibt es mit "I'm With Stupid". Der durchgeknallte Metallic-Wirbel und die coole Bassline von Tracy Bellaries dröhnt dir bei "Rewind" entgegen. Den gängigen Musikrichtungen mischt das Quartett den eigenen Punkrock-Stil unter und lässt einen die ganze Platte lang mitzappeln.
War das Debüt noch jungfräulicher und rumpelnder, kommt "Modern Apprentice" ein wenig steriler daher. Die britische Hype-Industrie nennt das Art Punk. Dabei steht natürlich der Style und das coole Selbstbewusstsein mit im Vordergrund. Abgesehen vom guten Aussehen und Hyperventilieren sorgen Ikara Colt für gute Laune und einige Stücke auf "Modern Apprentice" für angenehme Überraschungen. "Motorway", der wahre Hit, überzeugt mit 80er Kinder-Keyboard-Begleitung und der schönen Stimme von Claire Ingram, die eigentliche Gitarristin der Band, die hier für kurze Zeit das Hauptmikrofon in Anspruch nimmt.
Leadsänger Paul Resende, der auch gerne mal wie Motörhead klingen will, übernimmt dann schnell wieder die Macht und schmettert weiter seine Parolen ins Mikro. Mit "Automatic" grüßen Ikara Colt noch mal kurz Mark E. Smith und lassen dieses fetzige Album viel zu schnell zu Ende gehen. Darf man nur wünschen, dass diese englischen Damen und Herren den großen Wirbel von ihrer schönen Insel hinaus schleudern und auf andere Kontinente übertragen. Vielleicht wieder mit mehr Rotzgarage. Und was mir noch mehr am Herzen liegt, England muss 2004 in Portugal Europameister werden! It's coming home, it's coming home, it's coming, football's coming home … Go for it, Rooney!
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