laut.de-Kritik
Die Legende hat ihr Pulver noch nicht verschossen ...
Review von Joachim GaugerOh Gott, in über dreißig Jahren ist dieser Mann zur Songwriterlegende gewachsen, und nun beginnt er sein erstes Album seit 1996, als wolle er beweisen, dass der Legendenstatus auch den kreativsten Geist erstickt. Der Titeltrack "The Naked Ride Home" kommt, nackt oder nicht, dermaßen müde angetrabt, dass manches Lorbeerblatt schon herbstlich welkt.
Jackson Browne vertreibt den Teufel mit dem Beelzebub, bzw. schalen Country-Pop mit Mainstream-Rockpop: abgesehen von doch deutlich anspruchsvolleren Lyrics und einem Mittelteil, in dem Gitarre und Klavier sich recht charmant die Harmonien zuwerfen, könnte das folgende "The Night Inside Me" auch von Bon Jovi stammen.
Erst "Casino Nation" beweist mit luftigem Rhythmus, Verzerrerorgie und gedehntem Gitarrenjaulen, dass in Jackson Brownes Adern immer noch heißes Südstaaten-Blut fließt (auch wenn er in Deutschland geboren ist und erst mit drei Jahren mit seinen Eltern nach Los Angeles umsiedelte). Jetzt kommt langsam Stimmung auf, die folgenden Songs erinnern mit schaukelndem Bass, eingängigen Melodien und nachdenkenswerten Texten an die Glanzzeit Jackson Brownes zwischen 1977 ("Runing On Empty") und 1986 ("Lives In The Balance"). An die Zeit also, in der Browne es verstand, die welthittaugliche Melodie mit glänzend formuliertem sozialen Engagement zu verbinden, weswegen er Anfang dieses Jahres in seiner Wahlheimat in Süd-Kalifornien völlig zu Recht mit dem renommierten John Steinbeck-Preis ausgezeichnet wurde.
Der Grenzgänger zwischen Rock und Folk habe großen Wert darauf gelegt, auf "The Naked Ride Home" trotz Studiotechnik das Live-Feeling seiner Konzerte zu konservieren, heißt es. So gesehen ist es nicht so schlimm, wenn der Auftakt etwas steif gerät. Doch leider verhaut Jackson Browne mit dem schlaffen "My Stunning Mystery Companion" auch die Zugabe. Gewiss, der Mann hat sein Pulver noch nicht verschossen. Aber vielleicht sollte er es besser trocken halten.
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